Die Berichte der Stuttgarter Nachrichten, 14.03.2008

von Jürgen BOCK

Stuttgart bekommt zusätzlichen Notarzt

Die Notfallrettung in Stuttgart wird verbessert. Künftig soll ein zusätzlicher Notarzt unterwegs sein, damit die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist eingehalten werden kann. Darauf haben sich gestern bei einer Krisensitzung Hilfsorganisationen und Krankenkassen geeinigt.

Seit Wochen wird darüber diskutiert, was passieren muss, um die Stuttgarter Notfallrettung zu verbessern. Die ist nicht nur schlechter mit Material und Personal ausgestattet als in allen anderen deutschen Metropolen, sondern kann noch nicht einmal die großzügige gesetzliche Hilfsfrist in Baden-Württemberg einhalten. 95 Prozent der Notärzte müssen binnen 15 Minuten am Einsatzort sein, in Stuttgart waren es im vergangenen Jahr nur 90 Prozent.

Nach großem öffentlichem Druck sind jetzt Fakten geschaffen worden. Bei einer Krisensitzung diskutierten Hilfsorganisationen und Krankenkassen gestern im zuständigen Bereichsausschuss die Probleme. Ergebnis: So schnell wie möglich, spätestens aber zum 1. April, bekommt Stuttgart einen zusätzlichen Notarztwagen samt Personal rund um die Uhr. Dann sind drei Wagen 24 Stunden lang und ein vierter tagsüber unterwegs. Die Maßnahme kostet die Krankenkassen rund 350 000 Euro.

"Die Beteiligten waren einvernehmlich der Auffassung, dass alles getan werden muss, um die gesetzlich vorgegebene Hilfsfrist einzuhalten", sagt Frieder Frischling, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), das in Stuttgart den größten Teil des Rettungsdienstes bestreitet. Der zusätzliche 24-Stunden-Wagen werde je zur Hälfte vom DRK und von der Johanniter-Unfallhilfe besetzt. Zudem werde man die Dienstzeiten des 12-Stunden-Notarztes, der nur tagsüber unterwegs ist, etwas verschieben, um die Kapazitäten besser zu nutzen. Auch über mögliche Verbesserungen bei der Organisation habe man gesprochen, so Frischling.

Der zusätzliche Notarzt ist zunächst bis zum Jahresende befristet. Im Herbst will der Bereichsausschuss die bis dahin vorliegenden neuen Daten bewerten. "Wir müssen jetzt schauen, wie es sich entwickelt", so Frischling, "am Jahresende wird man sehen, was noch nötig ist."Ordnungsbürgermeister Martin Schairer, der die Rechtsaufsicht über die Notfallrettung ausübt, zeigte sich nach der Sitzung zufrieden: "Ich begrüße die Entscheidung des Bereichsausschusses." Schairer hatte nach monatelangen Nachberechnungen des Zahlenmaterials am 26. Februar die Verfügung erlassen, die notärztliche Versorgung in Stuttgart unverzüglich sicherzustellen. "Ich erwarte", so der Bürgermeister, "dass durch den Einsatz eines zusätzlichen Notarztwagens die Hilfsfristen nun eingehalten werden können."

Die jetzt gefällte Entscheidung betrifft allerdings nur die Notärzte. Die Einsatzzeiten der Rettungwagen dagegen werden zurzeit nochmals nachgerechnet. Ergebnisse erwartet die Stadt Ende März. "Wir werden dem Bereichsausschuss rechtzeitig vor seiner nächsten Sitzung am 4. April eine Auswertung zustellen", kündigt Schairer an. Bisher bekannte Zahlen lassen erwarten, dass auch bei den Rettungswagen nachgebessert werden muss. Gut möglich also, dass die Krankenkassen bereits in drei Wochen erneut tief in die Tasche greifen müssen, um die Stuttgarter Notfallrettung auf das gesetzlich vorgeschriebene Niveau zu bringen.

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