Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 01.03.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

Auf Zeit

August Markl will den Verein nur vorübergehend leiten – aber wer kommt dann? 

Ganz in schwarz und sichtlich angespannt trat ADAC-Vizepräsident August Markl, 65, am 10. Februar vor die Kameras. Er hatte den Rücktritt seines Präsidenten Peter Meyer zu kommentieren. Man werde alles „vorbehaltlos und lückenlos“ prüfen und aufarbeiten, damit der ADAC Vertrauen zurückgewinne, kündigte Markl an. Er übernahm die kommissarische Führung des ADAC – und tauchte danach erst einmal für zwei Wochen ab. 
  Schließlich wolle er zuerst „intern ansetzen, um miteinander die Unternehmenskultur zu ändern“, sagt Markl. „Meine Aufgabe ist es, die Reformen voranzutreiben und mit dafür zu sorgen, die Mitglieder und Mitarbeiter künftig besser einzubinden“, sagt er. Wenn bei der ADAC-Bundesversammlung Anfang Juni in Saarbrücken ein neuer Präsidenten gewählt wird, will Markl nicht antreten. „Der ADAC braucht an der Spitze ein neues Gesicht“, sagt er. Genaueres über dessen Profil ist ihm allerdings nicht zu entlocken. 
  Eine unverbrauchte Spitzenkraft zu finden dürfte schwer werden. Wo soll sie herkommen? Gewiss, mit Marion Ebentheuer, 44, hat der ADAC ab diesem Samstag erstmals in seiner 111-jährigen Geschichte eine Frau in der Geschäftsführung. Aber im Verein selbst sind Strukturen und Kultur alles andere als geschaffen für Quer- oder gar Neueinsteiger. Jemand von außen dürfte sich schnell an den Seilschaften und Beziehungsgeflechten aufarbeiten. Jemand von innen dürfte sich andererseits schwer damit tun, den Neuanfang glaubhaft zu verkörpern. Über Jahrzehnte hinweg hat sich beim ADAC bis hinunter in die Regional- und Ortsklubs eine Funktionärs-Nomenklatura gebildet, Männerbünde mit klaren und unumstößlichen Hierarchien, die am liebsten unter sich bleiben und die Pöstchen verteilen. Wie Erbhöfe. 
  Vor diesem Hintergrund ist auch Krisenmanager Markl nicht unumstritten. „Er ist auch Teil des alten Systems“, sagt ein interner Kritiker. Einer, der für den unübersichtlichen Mischmasch aus Autofahrerverein, Lobbyorganisation und auf Profit getrimmtem Dienstleistungskonzern mitverantwortlich ist, der sich als idealer Nährboden für die Manipulationen beim Gelben Engel und andere Fragwürdigkeiten erwies. 
  Vor fast drei Jahren wurde Markl, ein Radiologe aus Schaftlach bei München, ins achtköpfige ADAC-Präsidium gewählt. Zuvor hatte er eine klassische ADAC-Funktionärskarriere hingelegt. Als junger Mann gründete der Oberbayer mit anderen motorsportbegeisterten Studenten in München den Klub Scuderia Magra, der bald darauf Teil des ADAC wurde. Danach folgten Ämter wie: Jugendreferent, Vorstandsrat, Vorsitzender des ADAC-Kulturkreises, zweiter Mann im Tourismusausschuss. 2001 wurde er Chef des Regionalklubs Südbayern mit 1,6 Millionen Mitgliedern. 
  August Markl ist in den alten Strukturen groß geworden. Andererseits rechnen ihm selbst interne Kritiker hoch an, dass er es wagte, den bis dahin allmächtigen Präsidenten Meyer zum Rücktritt aufzufordern. Und ihm andernfalls mit Suspendierung drohte. Dass er Meyer nicht beerben will, verleiht Markl nach innen Glaubwürdigkeit: Er kämpft nicht für sich. Ins Präsidium möchte er sich aber wieder wählen lassen, und den Vorsitz in Südbayern auch behalten. Fast pausenlos sei er in diesen Wochen in der ADAC-Zentrale, erzählt Markl. Er versucht als Ehrenamtlicher mit Hilfe von externen Beratern einen auf Profit getrimmten Konzern in den Griff zu bekommen. Als Markl nach zwei Wochen am Dienstag wieder in der Öffentlichkeit auftauchte, hatte er dafür zwei Gründe. Zum einen erklärte er mit der letzten Deloitte-Untersuchung die Gelbe-Engel-Affäre für aufgearbeitet. Zum anderen verkündete er den Abgang des obersten ADAC-Geschäftsführers Karl Obermair und eines weiteren Spitzenmanagers.