Die Berichte des Hamburger Abendblatt, 08.09.2006

von Marion GIRKE

Thea Schädlichs eidesstattliche Versicherung

Pinneberg/Kummerfeld - In einer eidesstattlichen Versicherung hat die alte Dame Thea Schädlich niedergelegt, wie massiv vom Vormundschaftsgericht und den von ihm eingesetzten Betreuern und Medizinern in ihr Leben eingegriffen wurde. Das Dokument ist ein Zeugnis dafür, wie unter dem Deckmantel vermeintlicher Hilfe andere Motive von Handelnden eine Rolle spielen können.

Angefertigt wurde die Erklärung für ein presserechtliches Verfahren. Das Landgericht Berlin hatte Hamburger Abendblatt/Pinneberger Zeitung wieder die Möglichkeit eröffnet, unter Namensnennung von Thea Schädlich über ihren Fall zu berichten. Dies war und ist der ausdrückliche Wille der Betroffenen, die in der Veröffentlichung eine wichtige Chance sieht.

Der ursprünglich für Schädlichs juristische Angelegenheiten zuständige einstige Betreuer hatte jedoch versucht, die von ihr ausdrücklich gewünschte identifizierende Berichterstattung per Gerichtserlass zu verhindern. Er verlor den in ihrem Namen geführten Prozess, weshalb auf Schädlich auch in diesem Fall Prozesskosten zukamen. Zudem setzte der Betreuer bislang erfolgreich durch, dass sein eigener Name nicht genannt werden darf.

Anlass für die vom Amt Pinneberg-Land angeregte Anordnung der Betreuung Schädlichs war ihr von der Gemeinde als "vermüllt" abqualifiziertes Grundstück in Kummerfeld. In der eidesstattlichen Versicherung schildert die Betroffene dies so: "Ich sehe das anders. Jedenfalls habe ich mich auf diesem Grundstück wohlgefühlt und meine Katzen gefüttert und dieses Grundstück seit Jahrzehnten als meinen Lebensmittelpunkt betrachtet." An die näheren Umstände einer ersten medizinischen Begutachtung erinnert sich Schädlich in folgender Weise: "Ich habe ihn (den medizinischen Gutachter) gefragt, warum er mich eigentlich schon tagelang mehr oder weniger verfolgt. Da ich gar nicht wusste, in welcher Funktion er tätig ist, und er mir das auch nicht gesagt hat, und ich hin- und hergerissen war, einerseits nicht unhöflich sein zu wollen, andererseits aber nicht jedem, der sich als Doktor vorstellt, nun seine Fragen auf der Straße zu beantworten, habe ich relativ kurz und zugeknöpft geantwortet. Ich kenne viele andere Leute, die ganz anders pampig reagiert hätten, wie (der Gutachter) mich auf der Straße als wildfremder Mann befragt hat."

Über die Fürsorglichkeit ihrer ehemaligen Betreuerin sagt Schädlich: "Die Küche und ein halbes Wohnzimmer (im Ersatzquartier) waren begehbar. Man hatte mir dort einen Vierplattenherd, einen Kühlschrank einen Fernseher, zwei Sessel sowie eine Liege hingestellt, die von vollgefüllten Möbelkisten umstellt waren. Es gab kein Bettzeug, kein Handtuch, nichts an Anzieh-Sachen, keine Unterwäsche, kein Toilettenpapier, absolut nichts. Ich war nicht in der Lage, auch nur eine Kiste von oben herunter zu holen, weil dafür weder Platz zum daneben Stellen war, noch ich entsprechende Kraft habe. Ich habe nicht eine einzige Nacht in Halstenbek verbracht, weil das schlichtweg unmöglich ist. In jenem Haus kann man nicht wohnen."