Gespräch mit RA Manfred GNJIDIC im Jahr 2006

Interview mit El MASRI's Rechtsanwalt Manfred GNJIDIC

ansTageslicht.de:
Inwieweit ist Deutschland, bzw. die deutsche Regierung im Falle El-Masri für die Verletzung der Menschenrechte verantwortlich?

M. Gnjidic:
Das wissen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht. Wir wissen zum gegenwärtigen Zeitpunkt, dass es eine BND-Erklärung gibt, wonach ein BND-Mitarbeiter Kenntnis gehabt haben will von der Verschleppung Khaled El Masris in Skopje.Wir wissen auch durch den Untersuchungsausschuss, dass es einen weiteren Zeugen geben soll, einen Mitarbeiter der Telekom, der auch Kenntnis davon erhalten hat.Wir wissen ebenfalls, dass sich der Untersuchungsausschuss zurzeit genau mit dieser Frage beschäftigt.

ansTageslicht:
Wie bewerten Sie die Arbeit des Untersuchungsausschusses und des BND, nachdem es bekannt worden ist, dass ein BND-Mitarbeiter Kenntnis von der Verschleppung El-Masris am Anfang dieser Story gehabt hatte?

M. Gnjidic:
Differenziert. Wir waren jetzt schon beim Untersuchungsausschuss zur Anhörung. Ich hatte den Eindruck, dass Herr Kauder auf eben diesen Punkt eingehen will. Grundsätzlich ist mir seitens der Bundesregierung die Tendenz aufgefallen, Fragen zu stellen, die natürlich verständlich sind, die sich aber immer wieder mit der Glaubwürdigkeit der Geschichte El-Masris beschäftigen. Dabei sagt selbst die Staatsanwaltschaft, dass die Geschichte Khaled El-Masris glaubwürdig ist.Ich will jetzt zum gegenwärtigen Zeitpunkt einfach mal hoffen, dass diese Fragen einfach die nötigen Fragen sind, aber dass seitens der Bundesregierung auch mal ein Zeichen gegenüber Herrn El-Mari gesetzt wird, dass man sich für ihn einsetzt und nicht immer nur an der Glaubwürdigkeit El-Masris herumdoktort.

ansTageslicht.de:
Sollte es sich im Untersuchungsausschuss herausstellen, dass die Geschichte glaubwürdig ist, kann Ihr Mandant auf eine Entschädigung oder Unterstützung von der Seite der Regierung hoffen?

M. Gnjidic:
Also genau das ist der Punkt. Die Geschichte von Khaled El-Masri ist inzwischen international als völlig glaubwürdig eingestuft. Und das geht los von Europarat, Europaparlament, von den Ermittlungsbehörden und auch die Amerikaner haben diese Klage ganz klar nicht bestritten, dass dieser Vorfall stattgefunden hat, sondern sie ziehen sich auf die Ebene dessen zurück, dass es sich um Staatsgeheimnisse handelt.


Wir müssen uns davor hüten, und in diese Richtung geht es derzeit auch im Untersuchungsausschuss, dass dieses unselige Wort „Staatsgeheimnis“ auch dort eine zentrale Rolle spielt, obwohl so viel schon herausgekommen ist.

Ich wage gar nicht daran zu denken, dass sich hier noch weitere Verantwortlichkeiten offenbaren könnten. außer denjenigen Amerikas und Mazedoniens.


Ich persönlich wünsche mir nicht, dass die deutsche Regierung beteiligt war. Wenn sich aber herausstellen sollte, dass hier eine Art von Kollaboration stattgefunden hat unter Leitung eines deutschen Staatsbürgers, wird es selbstverständlich Konsequenzen geben.
Aber wenn es sich herausstellen sollte, dass dem nicht so ist, so erwarte ich von der Bundesregierung jetzt, dass nach all den vielen Angriffen der vergangenen zwei Jahre gegenüber Herrn El-Masri, nunmehr auch ein öffentliches Zeichen setzt, um Herrn El-Masri zu rehabilitieren und dass man ihm hilft, ins normale Leben wieder zurückzufinden.

Vielen Dank für das Gespräch!