Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 06.01.2016

von Frank THONICKE

HR-Intendant mistet mit eiserner Hand aus

Hessische/Niedersächsische Allgemeine , 03.04.2004

FRANKFURT. Es war ein Paukenschlag, ja eine kleine Sensation, was der Hessische Rundfunk gestern nach der Sitzung des Rundfunkrates verkündete: Die Sportberichterstattung im Hessen Fernsehen soll grundsätzlich neu aufgestellt werden, hieß es in der Mitteilung. Der nächste Satz zeigte, wie tief das Frankfurter Funkhaus nach der Affäre um den bisherigen Sportchef Jürgen Emig erschüttert sein muss. Dazu werden alle bisherigen Sport-Regelsendungen eingestellt und durch neu konzipierte Formate ersetzt. Das heißt konkret: Den Sportkalender oder Sport am Samstag wird es in der bisherigen Form nicht mehr geben. Wann neue Sendungen ihren Platz einnehmen, steht noch nicht fest. Erst, so heißt es beim HR, müssten noch bestehende Verträge geprüft werden.

Das Aus für die Eiszeit und für das Eintracht-Magazin steht aber schon fest: Eiszeit wird noch bis Ende April laufen, das EintrachtMagazin um die Frankfurter Bundesliga-Kicker noch bis zum Saison-Ende. Aktuelle Sportübertragungen - Ironman Germany oder das Radrennen Rund um den Henniger Turm - sollen wie geplant ausgestrahlt werden.

Mit der bisher im deutschen Fernsehen einzigartigen Entscheidung zeigte der neue HR-Intendant Helmut Reitze, dass er gewillt ist, mit eisernem Besen zu kehren. Von Verflechtungen mit privaten Geschäften, von Korruptionsverdächtigungen und von dubiosen Geschäften seiner Sportredaktion hatte er genug.

Erst musste Sportchef Jürgen Emig gehen, nachdem unsere Zeitung aufgedeckt hatte, dass er offenbar private und berufliche Interessen nicht genügend trennte. Als dann noch bekannt wurde, dass Emig als HR-Verhandlungsführer bei diversen Sportvereinen für Übertragungen abkassierte, war das Maß voll. Intendant Reitze kippte die Sportberichterstattung. In der HR-Mitteilung heißt es dazu: Reitze ziehe die Konsequenz aus den internen Untersuchungen der Sportsendungen des HR- Fensehens, die auf Grund des Vorwurfs der Interessenkollision bei dem ehemaligen HR-Sportchef Jürgen Emig angestellt worden waren.

Auch die Zusammenarbeit mit Sponsoren werde neu geregelt. Reitze: Das Ansehen des HR darf nicht weiterhin durch Zweifel an der Unabhängigkeit seiner Programmentscheidungen Schaden nehmen.

Bei den politischen Parteien bekam Reitze für den dramatischen Schritt Beifall. Tarek Al Wazir (Grüne): Ein Paukenschlag, der in Anbetracht der Vorwürfe richtig ist. Zufrieden waren auch Jörg Uwe Hahn (FDP) und Volker Hoff (CDU). Hoff: Beachtlich, wie Reitze jetzt durchgreift. Aber das geht beim HR ja schon seit 15 Jahren so, aber niemand hat vorher was unternommen.

Übrigens: Emigs Stelle wird in den nächsten 14 Tagen ausgeschrieben.