Kölner Klüngel-Literatur

Ein kleiner Wegweiser (Stand Anfang 2016).


Zwei der mit dem Wächterpreis ausgezeichneten Autoren des Kölner Stadtanzeiger, Peter BERGER und Axel SPILCKER, haben 2003 ein Buch zu den Vorgängen veröffentlicht, das im Wesentlichen auf ihren Zeitungsberichten fußt:

Der Skandal. Der Müll, die Stadt und die Spenden. Eine Dokumentation des Kölner Stadt-Anzeiger. Erschienen im DuMont Verlag, Köln.

Das Buch hat 218 Seiten und ist mit einem (kleinen) Personenregister (6 Seiten) sowie einer Chronologie ausgestattet (18 Seiten), die aber erst im Februar 2002 beginnt, als der Skandal offenkundig wird.

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Teilweise sehr viel detaillierter, obwohl seitenmäßig erheblich kürzer (9,5 S.), dafür aber immer in größeren politischen Zusammenhängen analysierend ist ein Buchkapitel von Werner RÜGEMER aus dem Jahre 2002:

Die Kölner Müllverbrennungsanlage. Die Stadt, der Müll und der NRW-Unternehmens-Politfilz“ aus seinem Buch Colonia Corrupta. Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster.

RÜGEMERS Buch hat insgesamt 157 Seiten, allerdings keinen alphabetischen Index und ist inzwischen in 4. Auflage erschienen. In dem Buch geht es u.a. auch um die Oppenheim-Bank (Kapitel „KölnArena: Der Bankier und seine Stadt“), den Ex-Regierungspräsidenten ANTWERPES („Der Regierungspräsident als politischer Ersatz-Schauspieler“) und vieles andere, was in Köln (eigentlich) von politischer Bedeutung ist.
Die Tatsache, dass die in dem Buch genannten Personen nicht gerichtlich gegen die Veröffentlichung vorgegangen sind, hängt vermutlich damit zusammen, dass das Buch kurz nach Bekanntwerden des seit langem im Stillen schwelenden Skandals herausgekommen ist – da wollten die Betroffenen, die plötzlich im öffentlichen Rampenlicht standen, zumindest hier keine schlafenden Hunde wecken.

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Ein aktuelleres Buch hat Frank ÜBERALL geschrieben: "Der Klüngel in der politischen Kultur Kölns", Bouvier-Verlag, Köln (272 S.). Es ist die Dissertation von Frank ÜBERALL, der inzwischen Professor für Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln lehrt. ÜBERALL,vormals freier Journalist, fungiert seit 2015 als Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbands (DJV).

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Eine allererste Studie, die auch als Taschenbuch erschienen war, ist das (alte) Standardwerk von Erwin K. SCHEUCH und Ute SCHEUCH:

Cliquen, Klüngel und Karrieren. Reinbek, rororo 1992
Das Buch besteht aus 183 Seiten und hat leider ebenfalls keinen alphabetischen Index zum Nachschlagen. Dieses Buch, das der inzwischen verstorbene Soziologie-Professor Erwin K.SCHEUCH mit seiner Frau verfasst hatte, hatte seinerzeit für erhebliche Furore gesorgt, weil die beiden Wissenschaftler nicht nur den städtischen Filz in Köln detailliert gebrandmarkt, sondern sich auch „Über den Verfall der politischen Parteien“ ausgelassen hatten, wie die Studie im Untertitel heißt. Konkret ging es um die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Politik und Wirtschaft, die den Nährboden für Klüngelei darstellen, die ganz schnell in Korruption übergehen kann. Die Studie beinhaltet sowohl eine Faktendarstellung als auch eine politisch-wissenschaftliche Analyse.

Obwohl das Buch wissenschaftlich aufgemacht ist, mussten sich die Autoren in insgesamt 11 Prozessen zur Wehr setzen. Einer der Kläger: Lothar RUSCHMEIER, ehemals Oberstadtdirektor und von dort direkt als Geschäftsführen in die Oppenheim-Esch Holding übergewechselt: Er hatte seine Klage verloren. Gleiches gilt für die anderen Kläger, die versucht hatten, gegen das Buch gerichtlich vorzugehen.

Eine rund 15seitige über 2 Jahrzehnte hindurchgehende Chronologie Kölner Filzverbandeleien bis ins 2. Jahrtausend haben die Eheleute SCHEUCH im Jahr 2002 für das Buch „Ganz unter uns. Geschichten über Kölner und Imis“, herausgegeben von Jürgen BENNACK, geschrieben. Das Buch will, so die Eigenwerbung, „mit Sympathie, Spott und Satire“ die „Vielfalt Kölner Eigenart“ witzig beschreiben. Die Kapitelüberschrift des SCHEUCH-Beitrags lautet:

Der Kölner als solcher beherrscht das Klüngeln (manchmal) in Perfektion.“

Allerdings ist dieses Kapitel nie gedruckt worden – der Kölner (Klein-)Verlag J.P.Bachem hatte den verdutzten Autoren, nachdem sie ihr Manuskript abgeliefert hatten, mitgeteilt, dass darin „eine Vielzahl von Personen und Ereignissen in einer Form mit dem Kölner Klüngel in Verbindung gebracht, die wir als Kölner Verlag so nicht veröffentlichen können.“ Man befürchte „rechtliche wie auch ökonomische Konsequenzen.“ Das Buch ist deshalb ohne das Klüngel-Kapitel erschienen.

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Die taz, die tageszeitung hatte den ‚zensierten’ Text dann als „Dokumentation“ am 29.8.2002 veröffentlicht. Mit freundlicher Genehmigung von Ute SCHEUCH können wir Ihnen diesen Text hier präsentieren – als pdf-Datei (16 Seiten, 150 KB)

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Den an Fakten ‚härtesten’ Bericht können wir Ihnen hier nicht zum Lesen anbieten. Jedenfalls solange nicht als wir ihn nicht haben.
Es ist der Abschlussbericht einer von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzten 10köpfigen Task Force, die die Auftragsvergaben weiterer MVA’s in NRW auf ‚Unregelmäßigkeiten’ hin untersuchen sollten, nachdem der Kölner MVA-Bestechungsskandal im Jahr 2002 öffentlich bekannt geworden war. Die Begründung für diese Untersuchungskommission war, dass die bisher ermittelten „Verdachtsmomente über mutmaßliche Korruptionsfälle ... so ernst zu nehmen sind“, dass sie „eine außerordentliche Gefährdung des Ansehens unseres demokratischen Gemeinwesens darstellen.“

Im Mittelpunkt dieser offiziellen Recherchen, die „ohne Denkverbote“ erfolgen sollten und an denen Staatsanwälte, Polizeibeamte sowie Mitarbeiter der kommunalen Behörden beteiligt waren, standen die MVA’s in Aachen/Weisweiler, Bielefeld, Bonn, Hamm, Köln, Oberhausen und Wesel. Der 194seitige Bericht, in dem auch viele Dokumente abgedruckt sind, wurde am 7. Juli 2003 veröffentlicht und sogar ins Internet gestellt. Allerdings wurde er nach wenigen Tagen wieder aus dem Netz genommen und auch nicht mehr weiter verbreitet – die Landesregierung hatte Angst, von Personen, die in dem Bericht namentlich genannt waren, wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte verklagt zu werden.

Somit muss man diesen Bericht in so genannten Giftschränken (z.B. im Archiv des NRW-Landtages) ausfindig machen, bei Medien oder bei Parteien anfragen, die erklärtermaßen Interesse an Aufklärung und Transparenz des politischen und wirtschaftlichen Geschehens haben. Im Prinzip ist der Bericht, da er ja auch in digitaler Form veröffentlicht worden war, irgendwo im Internet weiterverbreitet bzw. gespeichert worden (jedoch nicht auf der offiziellen Website des NRW-Innenministeriums). Um die virtuelle Suche zu vereinfachen, sind hier einige weitere Daten genannt:
Auf dem Deckblatt des originalen Berichts wird rechts oben das „Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen“ genannt. Der Titel lautet

Abschlussbericht des Untersuchungsstabes Antikorruption“ mit Datum vom „30.6.2003“.
Leiter des „Untersuchungsstabes“ war der Oberstaatsanwalt Arno NEUKIRCHEN, Vertreter Oberstaatsanwalt Hans-Georg KLEIN.

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Ebenfalls nicht für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt war ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Köln, den der Oberbürgermeister SCHRAMMA in Auftrag gegeben hatte. Die Ergebnisse lagen im Mai 2003 vor, im Rechnungsprüfungsausschuss des Kölner Rates wurde der Bericht allerdings erst im Oktober 2004 vorgestellt und diskutiert. Die Sitzung war „nichtöffentlich“. Begründung: der Bericht enthalte auch vertragliche Details mit externen Auftraggebern, z.B. mit der halbstaatlichen bzw. halbprivaten Müllofenfirma AVG, aber auch zwischen der AVG und diversen TRIENEKENS-Firmen.

Diese (vordergründige) Sicht staatlicher Dienststellen ist im Zweifel vor Gericht nicht haltbar – in NRW gibt es ein so genanntes Informationsfreiheitsgesetz. Nach dem haben Bürger das Recht, amtliche Dokumente und erst recht Untersuchungsberichte einzusehen.

Im Zweifel müssen Behörden, falls es (wirklich) um ernst zu nehmende Geschäftsgeheimnisse gehen sollte, diese ‚schwärzen’. Zum Stichwort Informationsfreiheitsgesetze (IFG) gibt es hier einen Link mit Informationen zum IFG, der zu der Website www.recherchieren.org gehört.

Der Bericht hatte aber seinerzeit den Medien vorgelegen, die darüber auch berichtet hatten. Gleiches gilt für die im Kölner Rat vertretenen Parteien, die über diesen Bericht ebenfalls verfügen. Auf den S. 115-118 sowie 146 f wird beispielsweise die Kölner ‚Verfilzung’ skizziert – von der Kölner Verwaltung.

Mit dem Informationsfreiheitsgesetz müsste man übrigens ebenso die Einsicht in den oben erwähnten „Abschlussbericht des Untersuchungsstabes Antikorruption“ einklagen können. Wo aber kein Kläger, dort auch kein Richter ...

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Last, but not least, hier der Link zum digitalen Archiv der Kölner StadtRevue, die uns diesen Zugang an dieser Stelle freundlicherweise gestattet: Sie finden im StadtRevue-Archiv auch mehrere der Berichte aus der ersten Stunde des Beginns der Affäre (bzw. aus den 90iger Jahren), als dies für die etablierten Medien noch kein Thema war. Einfach im Suchmenü das Stichwort "MVA" eingeben.


Wenn Sie selbst weitere Literatur oder interessante Quellen oder sonstige Tipps zu diesem Thema haben, lassen Sie uns das bitte wissen – wir können diese Liste dann erweitern. Hinweise bitte an mail(at)johannesludwig(dot)de

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