Bergischer Bote, 19.01.2006

von Ekkehard RÜGER

Gas-Fachvortrag beim Promi-Koch

Gas-Fachvortrag beim Promi-Koch

von Ekkehard RÜGER 


Köln. Die Anzeige war der Kölner Staatsanwaltschaft im vergangenen Mai anonym ins Haus geflattert. Inhalt: Ein Artikel unserer Zeitung über einen luxuriösen, dreitägigen Wochenend-Trip des Aufsichtsrates der Burscheider Stadtwerke nach Norwegen auf Kosten von Eon-Ruhrgas und des norwegischen Gaskonzerns Statoil und die Frage, ob dies denn alles so rechtens sei.Genau diese Frage glaubt die Kölner Ermittlungsbehörde verneinen zu müssen.
  
"Wir ermitteln, ob möglicherweise eine strafbare Vorteilsgewährung seitens Eon-Ruhrgas beziehungsweise eine strafbare Vorteilsnahme seitens der Kommunalpolitiker vorliegt", sagt der Kölner Staatsanwalt Günther Feld. Und der Verdacht ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Eon-Ruhrgas mit den freizügigen Trips Entscheidungen des Aufsichtsrates über den Abschluss von Gaslieferverträgen beeinflussen will. Und öffentlichen Amtsträgern ist es verboten, im Zusammenhang mit ihrer Dienstausübung Vorteile anzunehmen.

Zu solchen (strafbaren) Vorteilen können durchaus luxuriöse Wochenend-Trips zählen auch wenn die Touren offiziell als "Informationsreisen mit Gas-Fachvorträgen" deklariert werden. "Der Verdacht der strafbaren Vorteilsnahme beziehungsweise Vorteilsgewährung ergibt sich insbesondere dann, wenn bei solchen Reisen auch die Partner von Aufsichtsräten mitfahren", erklärt Staatsanwalt Feld.

Inzwischen sind die Ermittlungen der Kölner Strafverfolger längst über den Burscheider Stadtwerke-Aufsichtsrat hinaus ausgeweitet worden. Feld: "Wir ermitteln NRW-weit gegen mehr als 100 Kommunalpolitiker in den Aufsichtsräten von rund 25 Stadtwerken." Namentlich nannte Feld gegenüber unserer Zeitung dabei die Stadtwerke in Frechen, Gummersbach, Euskirchen und Essen sowie "zwei bis drei Stadtwerke im Raum Neuss".

Während der Burscheider Stadtwerke-Aufsichtsrat ohne Partner-Begleitung nach Norwegen geflogen war, konnten die Aufsichtsratsgremien anderer größerer Stadtwerke auch ihre Partner mitnehmen. Beispielsweise zu so Erdgas-reichen Zielen wie Barcelona, wohin es den Aufsichtsrat der Essener Stadtwerke nebst Partnern zog. Kosten laut Staatsanwaltschaft: 120 000 Euro.

Auch Brügge und das Elsass waren nach Angaben Felds Ziele solcher von Eon-Ruhrgas gesponsorten Informations-Veranstaltung. Unter anderem fanden "Gas-Fachvorträge" auch bei Sterne-Koch Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach statt. Aus Ermittlerkreisen heißt es dazu süffisant: "Sterne-Köche kochen natürlich mit Gas und können deshalb auch viel Fachliches dazu sagen."Nichts zu der Thematik sagen will man hingegen bei Eon-Ruhrgas: Das Unternehmen lehnt eine Stellungnahme unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab.

Diese Ermittlungen wird die Kölner Staatsanwaltschaft voraussichtlich nun an die Ermittler in den betroffenen Kommunen weiterleiten.