Die Berichte des Handelsblatt, 06.10.2011

von Martin-Werner BUCHENAU

EnBW-Deal war verfassungswidrig

Handelsblatt , 06.10.2011 

Der frühere Finanzminister Willi Stächele und damit die frühere schwarz-gelbe Landesregierung in Baden-Württemberg unter Stefan Mappus (CDU) hat nach dem gestrigen Urteil des Staatsgerichtshofes mit dem Einstieg beim Energieversorger EnBW gegen die Verfassung verstoßen. Die Richter gaben damit Grünen und SPD recht.

"Die Landesregierung hätte das Milliarden-Geschäft nicht mit Berufung auf das Notbewilligungsrecht am Landtag vorbei abwickeln dürfen", erklärte der Vorsitzende Richter Eberhard Stilz. Das Haushaltsrecht des Parlaments als "Kernelement der Gewaltenteilung" sei umgangen worden.

Den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann erfreute das Urteil: "Es kann und darf nicht sein, dass eine Regierung Geschäfte in solchen Größenordnungen in Nacht-und-Nebelaktionen am Landtag vorbei tätigt." An der Gültigkeit der Übernahme von 46,5 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Energiekonzern EdF für gut fünf Milliarden Euro ändert das Gerichtsurteil nichts.

Der heutige Landtagspräsident Stächele gerät aber nun in Bedrängnis. Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) hatte bereits erklärt, er erwarte, dass die Landtagsfraktionen über Konsequenzen für Stächele beraten. Vertreter der SPD und der Grünen forderten offen Stächeles Rücktritt. Selbst in den eigenen Reihen gilt ein Landtagspräsident, der gegen die Verfassung verstoßen hat, kaum noch als tragbar.
Stächele könnte damit zum Opfer eines großen Spiels werden, bei dem er nur eine Randfigur war. Hauptakteure waren der damalige Regierungschef Mappus und sein Freund Dirk Notheis, der als Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley die Fäden zog. Das Geschäft wurde zum Flop, da das Aktienpaket mit dem Atomausstieg erheblich an Wert verloren hat.