Die Berichte des Handelsblatt, 14.10.2011

Morgan Stanley: EnBW sicherte Top-Platzierung

Handelsblatt , 14.10.2011 

Die Investmentbank Morgan Stanley verlangt von ihren Mitarbeitern ethisches Handeln. Wie das genau aussehen soll, steht auch im Verhaltenskodex der Bank. In Zweifelsfällen sollen sie ihr Tun und Lassen unter anderem an folgenden Fragen orientieren: Könnte mein Handeln als unethisch wahrgenommen werden? Könnte mein Handeln mir oder Morgan Stanleys Reputation schaden oder für mich oder Morgan Stanley peinlich sein? Zu welchen Schlagzeilen könnte mein Handeln führen?

Geht es nach den Negativschlagzeilen, dann hat Dirk Notheis, der Deutschlandchef des Instituts, sich im Fall des EnBW-Kaufs nicht an den Verhaltenskodex gehalten. Die Beratung des Landes Baden-Württemberg bei diesem Geschäft brachte der Bank viel schlechte Presse ein, auch wegen der Freundschaft zwischen Notheis und dem Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus.

Dass Morgan Stanley dies passieren konnte, ist umso erstaunlicher, als der Bank nachgesagt wird, bei Geschäften mit der öffentlichen Hand pingelig zu sein. "So einen Deal prüft dann eine ganze Armada an Juristen. Hätten die Hausjuristen Zweifel an der Sache gehabt, hätte sich Morgan Stanley sicher nicht beteiligt", sagt ein Ex-Mitarbeiter.

Dennoch hätten bei der Bank die Alarmglocken läuten können: "Bei einem Deal der Größenordnung ist die Genehmigung durch den Aufsichtsrat oder das zuständige politische Gremium gang und gäbe", heißt es in der Branche. Darauf hätte Morgan Stanley bestehen müssen. Doch die Beteiligung des Parlaments war ja nicht vorgesehen. Nun muss die Bank hoffen, dass ihr das umstrittene Gutachten der Kanzlei Gleiss Lutz nicht mitangelastet wird, das die Zustimmung des Parlaments für unnötig hielt. "Mit verfassungsrechtlichen Fragen muss sich eine Investmentbank aber nicht auskennen", so ein Anwalt.

Reich geworden ist die Bank mit dem Deal nicht: Investmentbanker und Anwälte erhielten für ihre Dienste laut Wertpapierprospekt 15 Millionen Euro, von denen der Großteil bei der Bank gelandet sein dürfte. Die Summe entsprach etwa 0,3 Prozent des Transaktionsvolumens, üblich sind Gebühren von 0,8 Prozent. Wertvoller dürfte für Morgan Stanley etwas anderes gewesen sein: 2010 war bis dato ein miserables Jahr für das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen in Deutschland gewesen.

Einzig der 4,67 Milliarden Euro schwere EnBW-Deal im Dezember, der etwa 40 Prozent des Transaktionsvolumens des Gesamtjahres bei Morgan Stanley ausmachte, sicherte der Bank noch den einigermaßen akzeptablen Platz acht unter den Investmentbanken.