Die Berichte des Handelsblatt, 19.12.2011

von Martin-Werner BUCHENAU, Jürgen FLAUGER

Schlappe für Kretschmann bei Kanzleisuche

Handelsblatt , 19.12.2011 

Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg muss eine zweite Schlappe bei der zähen Suche nach einer Anwaltskanzlei hinnehmen, die den verfassungswidrigen EnBW-Deal untersuchen soll.

Heuking Kühn Lüer Wojtek kann den politisch delikaten Fall überraschend doch nicht übernehmen. "Wir können das Mandat wegen eines unvorhersehbaren Interessenkonflikts in dieser Form nicht annehmen" , sagte eine Sprecherin der Kanzlei dem Handelsblatt. Details dazu nannte sie nicht. Auch die Staatskanzlei in Stuttgart bestätigte den zweiten Rückzieher einer Kanzlei. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte vergangene Woche Heuking als beauftragte Kanzlei zu voreilig genannt. Das Befremden, dass die Kanzlei die Interessenkonflikte erst jetzt entdeckt hat, sind beim Regierungschef groß. Schließlich war das der zentrale Punkt der Ausschreibung.

In der Branche wird der französische Energiekonzern EdF dahinter vermutet, der die EnBW-Anteile an das Land verkauft hatte. Kenner der Anwaltsszene halten es für durchaus möglich, dass Einfluss von Betroffenen ausgeübt wird. Eine Sprecherin von Heuking schloss dies jedoch aus.

Jetzt muss die Landesregierung eine neue Kanzlei suchen, die prüfen soll, ob es bei dem Einstieg des Landes beim Energiekonzern Anhaltspunkte für rechtswidriges Verhalten gibt und Schadensersatzansprüche an die damalige Regierung unter Stefan Mappus (CDU) sowie die beteiligten Berater der Investmentbank Morgan Stanley und der Stuttgarter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz gestellt werden können. Die Regierung Mappus hatte gut fünf Milliarden Euro für 46,5 Prozent der EnBW-Anteile an EdF bezahlt. Den Blitzkauf vor einem Jahr hatte der Staatsgerichtshof in Stuttgart wegen der Umgehung des Landtags bereits als Verfassungsbruch abgeurteilt. Der Zeitplan mit einem Abschluss der Prüfung im Februar dürfte jetzt kaum zu halten sein.