Die Berichte des Handelsblatt, 08.11.2011

von Martin-Werner BUCHENAU, Jürgen FLAUGER

Wann kannte Mappus die Risiken?

Handelsblatt , 08.11.2011 

Der Streit zwischen EnBW und EWE wirft einmal mehr ein schlechtes Licht auf den übereilten Einstieg des Landes Baden-Württemberg unter Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus bei der EnBW. Die anderen EWE-Aktionäre, das sind norddeutsche Städte und Kreise, verlangen die 26 Prozent zurück, die sie 2008 für 2,1 Milliarden Euro an EnBW verkauften - und zwar zu einem deutlich niedrigeren Preis.

Sie pochen auf eine Change-of-Control-Klausel. Das heißt: das Recht, den Verkauf rückabzuwickeln, wenn sich bei EnBW die Kontrolle ändert. Genau dies sei durch den Einstieg des Landes geschehen. Denn das Land kaufte der französischen EDF für knapp fünf Milliarden Euro einen Anteil von 45 Prozent an EnBW ab.

Die EnBW hingegen argumentiert, die Mehrheitsverhältnisse hätten sich nicht geändert, weil das Land unmittelbar in den Konsortialvertrag von EDF und dem anderen Großaktionär OEW eingetreten sei.
Diese Problematik muss Mappus nach Informationen des Handelsblatts spätestens Mitte Januar bekannt gewesen sein. Damals gaben Vorstand und Aufsichtsrat der EnBW eine Stellungnahme zum öffentlichen Angebot ab, das das Land unterbreiten musste: "Die EnBW AG ist im Falle eines Kontrollwechsels bei der EnBW AG verpflichtet, ihre Aktienbeteiligung an der EWE Aktiengesellschaft den kommunalen Anteilseignern der EWE Aktiengesellschaft (...) zum Kauf anzubieten. Kaufpreis wäre der gutachterlich zu ermittelnde Marktpreis", heißt es dort. "Insoweit könnten sich für die EnBW AG nachteilige Folgen ergeben."

Unklar ist, ob Mappus das Risiko der Change-of-Control-Klausel schon bei Vertragsabschluss im Dezember 2010 gesehen hat und ignorierte. Auf eine Due-Diligence-Prüfung hatte er ja gemeinsam mit seinem Investment-Banker Dirk Notheis von Morgan Stanley verzichtet.