Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 10.05.2013

von Rudi KÜBLER, Christoph MAYER

Klinik pumt Tochter an

SÜDWEST PRESSE , 10.05.2013 von Rudi KÜBLER, Christoph MAYER

Um ihren Betrieb aufrecht erhalten zu können, nahm die Uni-Klinik 2012 einen Drei-Millionen-Euro-Kredit bei ihrer Tochter DUU auf. Der Aufsichtsrat wurde erst später informiert. Das sorgte für Ärger.


Dass die Uni-Klinik finanziell schlecht dasteht, ist bekannt. 2011 und 2012 fuhr man bei einem Jahresumsatz von rund 400 Millionen Euro ein Defizit von jeweils mehr als 6 Millionen Euro ein. Das lag auch an überzogenen Wachstumsprognosen des Vorstands um die Direktoren Reinhard Marre und Rainer Schoppik. Die sahen sich Mitte 2011 mit der Tatsache konfrontiert, dass der von ihnen vorhergesagte Patientenanstieg ausblieb. Rechnet man zum negativen Betriebsergebnis die Aufwendungen für Zinsen und Rückstellungen hinzu, so lag der Jahresabschluss 2012 sogar bei minus 14,9 Millionen Euro.


Offenkundig sind die finanziellen Probleme des seither einen strikten Sparkurs fahrenden Klinikums noch größer. Das geht aus vertraulichen Unterlagen hervor. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Hartmut Schrade, Leitender Ministerialrat im Stuttgarter Wissenschaftsministerium, auf Anfrage schriftlich bestätigt, hat das Ulmer Großkrankenhaus auf Betreiben des damaligen Kaufmännischen Direktors Schoppik Ende 2012 einen Drei-Millionen-Euro-Kredit bei seiner Tochterfirma DUU (die für Transport, Service und Reinigung zuständige Dienstleistungsgesellschaft des Klinikums) aufnehmen müssen, um den Klinikbetrieb am Laufen halten zu können. „Die Kreditgewährung diente der temporären Aufrechterhaltung der Liquidität.“ Das Geld sei sechs Wochen später zurücküberwiesen worden, so Schrade.


Grund für das Geschäft (die Klinik zahlte der DUU einen Zinssatz von 7,4 Prozent) dürfte die Umgehung einer Zielvereinbarung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gewesen sein. Derzufolge darf die Klinik eine Kreditlinie von 115 Millionen Euro nicht überschreiten. Weil dieses Limit ausgeschöpft war, beschaffte man sich Geld bei der Tochter. Pikant: Der zehnköpfige Aufsichtsrat der Klinik wurde erst Monate später unterrichtet – obwohl Schrade von Anfang an eingeweiht war. Dies sorgte im Gremium für Unmut und führte zum vorzeitigen Ausscheiden Schoppiks. Der hatte eigentlich bis zu seinem Wechsel nach Hamburg zum 1. September (wir berichteten) auf dem Oberen Eselsberg bleiben wollen. Der Aufsichtsrat stimmte in seiner Sitzung am 25. April für eine Vertragsauflösung zum 30. April – gegen den Willen Schrades.


Die Finanzspritze war überdies keine einmalige. Auch von einer 30-Millionen-Euro-Zuweisungsrate des Landes für die neue Chirurgie zwackte das Klinikum Geld für den laufenden Betrieb ab. Die Mittel „dienten der teilweisen Überbrückung temporärer Liquiditätsengpässe“, so Schrade. Sie würden letztlich in voller Höhe für die Finanzierung der Chirurgie verwendet.


Wie berichtet, hat die Uni-Klinik die mit Ausstattung rund 240 Millionen Euro teure Chirurgie auf dem Oberen Eselsberg zu 50 Prozent selbst finanziert, die andere Hälfte des Geldes dem Land vorgeschossen. Dafür erhält sie in mehreren Raten Zuweisungen aus Stuttgart. „Ein solches Großprojekt bedeutet einen ungeheuren Kraftakt, der nicht viel finanziellen Spielraum lässt. Dieser enge Spielraum wurde 2012 aus guter kaufmännischer Praxis mit einem Darlehen über drei Millionen Euro von der DUU abgesichert“, teilt die Klinik auf Nachfrage mit.