Die GENERAL-Anzeiger-Berichte, 03.11.2011

Die Millionenfalle, Teil 69

Nach dem Zusammenbruch des World Conference Center Bonn (WCCB) im Spätsommer 2009 stand Honua Investments Inc. aus Hawaii mit leeren Händen da. Millionen südkoreanische Lebensversicherungsgelder schienen endgültig verloren, weil die Sicherheiten (UNCC/WCCB-Anteile) nichts wert waren.

Der "Investor" Man-Ki Kim (SMI Hyundai Corporation) hatte sie, bevor er sie an Honua verkaufte, bereits an Arazim Ltd. (Zypern) verpfändet. Andrew Seung-Tae Jang, Präsident von Honua, war der große Verlierer im globalen WCCB-Monopoly. Weil er zu blauäugig war? Oder ist Jang betrogen worden?

Anfang 2010 erhielten Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) und alle Ratsmitglieder Post aus Honolulu. Der Honua-Präsident schrieb: Eine Hand strecke er zum Gespräch aus, mit der anderen werde er "alle rechtlichen Wege beschreiten, einschließlich eines umfassenden Gerichtsverfahrens gegen alle beteiligten Seiten". Der Brief geriet in Vergessenheit, doch Jang ließ Worten Taten folgen - das Aktenzeichen 1:10-cv-00785-GBL/JVA beim Zivilgericht Alexandria im US-Bundesstaat Virginia.

Im Juli 2010 verklagte Honua den zurzeit auf der Bonner Anklagebank sitzenden Kim, dessen Firma SMI Hyundai Corporation (WCCB-Investor) und das Unternehmen American Federal Contractors (AFC), das US-Soldaten auf fremde Kulturen vorbereitet und Kims Frau gehört (s. Millionen-Fallen 45 und 68).

Es ging um ein Geschäft mit Schuldverschreibungen, und AFC sitzt mit im Haftungsboot. In der Anklageschrift stehen die von diversen Honua-Fonds beanspruchten Beträge: 48 Millionen Dollar plus 12,5 Prozent Zinsen.

Nun hat Richter Gerald Bruce Lee Recht gesprochen: SMI Hyundai und AFC müssen an diverse Honua-Fonds insgesamt 65,6 Millionen Dollar (inklusive Zinsen) zurückzahlen. Jan Dirk Heerma, Anwalt von Honua mit Sitz in Berlin, bestätigte dem GA auf Anfrage, das Gericht habe "den Klagen von Honua auf Rückzahlung der Bonds samt Zinsen in voller Höhe stattgegeben". Das Urteil ist das erste im Rahmen der umfangreichen "juristischen Aufräumarbeiten" rund um das WCCB.

Doch damit sind nur die ersten drei Punkte abgeurteilt, es folgen noch vier weitere, bei denen es etwa um "Fraudulent inducement" und konkret um Kim selbst geht. Bei "Fraudulent inducement" handelt es sich nach deutschem Rechtsverständnis um einen sogenannten Eingehungsbetrug: Jemand schließt einen Vertrag bereits in dem Bewusstsein, dass er die darin vereinbarten Pflichten und Zahlungen nicht erfüllen kann. In Bonn ist Kim auch wegen "Betrug im besonders schweren Fall zum Nachteil von Honua" angeklagt. Hier allerdings nicht vor einem Zivil-, sondern einem Strafgericht.

Honua-Chef Jang kann seinen Teilsieg vor Gericht einstweilen kaum feiern, denn nach GA-Informationen ist bei SMI Hyundai nichts mehr zu holen. Das hatte sich abgezeichnet. Erst hatte sich die SMI-Homepage zu einem japanischen Erotikportal verwandelt, dann ging SMI "bankruptcy" - insolvent. Schwerer wiegt für Mimi und Man-Ki Kim, dass nun AFC allein für die 65,6 Millionen Dollar haftet.

Die Schadensersatzsumme übersteigt nach GA-Informationen den jährlichen AFC-Gewinn um das Dreifache. Somit bleibt Honua auf Mimi Kims AFC-Firma fokussiert. Es könnte sein, dass AFC mit einem solchen Urteil gerechnet hat und Millionen vor Honua in Sicherheit gebracht hat, weshalb nun das Gericht AFC von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen lässt.

Honua investierte die Millionen der südkoreanischen Versicherer Dongbu Life Insurance, Dongbu Fire Insurance und Kumho Life Insurance im Glauben, bald Besitzer der UN Congress Center Bonn GmbH (UNCC) und damit des WCCB zu werden.

Als die Entscheidung dazu fiel, ließ das Bonner Handelsregister keinen Zweifel aufkommen: 100 Prozent der Anteile gehörten da offiziell noch der SMI Hyundai Corporation, tatsächlich aber bereits 94 Prozent (seit August 2007) Arazim. Auch die Bilanz der SMI Hyundai Corporation ließ keine Zweifel aufkommen, da Kim das Arazim-Darlehen als Privatmann aufgenommen hatte.

In der Anklageschrift der Bonner Staatsanwaltschaft liest sich das so: "Wie vom Angeschuldigten Dr. Kim zutreffend eingeschätzt, war den Investoren und damit auch Honua vor allem wichtig, die Geschäftsanteile der UNCC GmbH zu 100 Prozent als Sicherheit zu erhalten, weil das UNCC-Projekt den einzigen realen Wert der SMI Hyundai Corp. darstellte.

Bereits im Hinblick hierauf hatte der Angeschuldigte Dr. Kim daher das Darlehen bei Arazim persönlich aufgenommen, um es in den offiziellen Zahlen der SMI Hyundai Corp. nicht ausweisen zu müssen."

Kims Verteidiger Walther Graf sieht das völlig anders. Erstens: Weil "die vermeintlich betrügerische Handlung" in Hongkong "fernab der deutschen Territorialgewalt" stattgefunden habe, liege eine "Auslandstat" vor. Folglich: Das deutsche Strafrecht sei nicht zuständig, zumal Kim kein deutscher Staatsbürger sei und "die angeblich geschädigten Gesellschaften auch nicht im Inland ansässig sind". Deshalb müsse das Verfahren, so Graf, zumindest in diesem Punkt ("Betrug zum Nachteil von Honua") eingestellt werden.

Eine zweite Verteidigungslinie: Arazim habe eine Zwangslage von Kim ausgenutzt und Wucherzinsen verlangt. In Kurzform: Weil das Kreditgeschäft "wegen Wuchers nichtig" sei, so Graf, gelte das auch für die daraus resultierende Folge der UNCC-Anteilsübertragung. "Unwirksam", meint Graf. Deshalb haben Kim und SMI Hyundai in Frankfurt a.M. auch Arazim verklagt, aber die auf Zypern residierende Firma habe bislang "keine Verteidigungsbereitschaft" gezeigt.

Kein Wucher, keine Sittenwidrigkeit, auch keine Zwangslage: So hatte das Landgericht Bonn bereits im August 2009 über das Kim-Arazim-Geschäft geurteilt. Richter Gerald Meyers hatte dies ausführlich begründet. Graf glaubt, dass dem Gericht damals "nicht sämtliche Informationen zur Zwangssituation von Herrn Dr. Kim zur Verfügung standen".

Auch wirft Graf dem Honua-Präsidenten Jang vor, bei seiner Vernehmung im April 2010 in Bonn "wahrheitswidrig geantwortet" zu haben. Graf: "Die Behauptung des Zeugen Jang, erst im April 2008 von den Ansprüchen von Arazim erfahren zu haben, ist durch zahlreiche Urkunden widerlegt." Sollte dies zutreffen, ergibt sich eine große Logiklücke: Wenn Jang alles gewusst haben soll, warum hat er dann so viele Millionen in ein Projekt investiert, das längst anderen gehörte?

Wie dem auch sei: In den USA ist eine erste Entscheidung gefallen. Nach GA-Informationen berät eine Jury in Alexandria gerade über Kim persönlich. Hat er Honua betrogen oder nicht? Selten wird ein Anklagepunkt nahezu zeitgleich auf verschiedenen Kontinenten vor Gericht verhandelt. Während auf der rotierenden Erdkugel Bonn Alexandria immer einige Zeit voraus ist, fallen die Würfel im "Fall Honua/Kim" in Alexandria definitiv früher.