Die GENERAL-Anzeiger-Berichte, 16.09.2009

Die Sonderkommission des LKA trägt den Namen "Gold": Die Millionenfalle Teil 12

Die Bagger rollen, räumen Schutt weg. Gelassen beißen zwei Männer mit Helm in ihre Currywürste. Rund um die Baustelle des World Conference Center Bonn (WCCB) dagegen Hektik, Betriebsamkeit, Razzia? Razzia! Im alten Plenarsaal agieren Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei. Zig Beamte durchsuchen die Räume. Seit zehn Uhr sind sie im Einsatz, fahnden in der "Affäre WCCB" nach Unterlagen. Es herrscht eine gewisse Dringlichkeit: Zahlreiche Zivilfahrzeuge parken im absoluten Halteverbot. Kennzeichen D: Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) Düsseldorf sind nach Bonn gerast. Die Ermittlungskommission trägt den Namen "Gold".

Um 13.30 Uhr kommt WCCB-Projektchef Arno Hübner zu seinem Auto. Der ehemalige Stadtdirektor steigt auf den Beifahrersitz, lässt sich davonfahren. Zwei Minuten vor 14 Uhr fährt ein Fahrzeug des Städtischen Gebäudemanagements vor. Um 14.17 Uhr stoppt ein Wagen mit Duisburger Kennzeichen auf der Straße. Zwei Männer steigen aus. Einer hat eine Waffe im Holster. Im Kofferraum des Fahrzeugs liegen Kartons. Stammen sie aus dem Stadthaus? Wer fragt, erntet Schweigen. Inzwischen werden aus dem alten Plenarsaal ganze Rollwagen geschoben, hochgestapelt mit Kartons. Ein Fahnder: "Das hier wird noch länger dauern. Die Staatsanwaltschaft ist noch im Haus."

Insgesamt, so bestätigt Frank Scheulen, Sprecher des LKA, sind bei den 14 gleichzeitigen Durchsuchungen unter anderem in Bonn und Berlin knapp 70 Beamte im Einsatz. Eine weitere Razzia gab es nach GA-Informationen in einer Rechtsanwaltskanzlei in Hessen. Wo genau? Scheulen schweigt. Man kann es nur vermuten: im Taunus. Offenbar eine umfassende Aktion: gründlich, gleichzeitig, bundesweit. Es ist die vorläufige Zwischenetappe einer unvorstellbaren Geschichte, die vor Wochen mit leisen Hinweisen von Lesern des General-Anzeigers an die Redaktion begann.

Rückblende. Mit einer schwachen Funzel durch ein dunkles Kellerlabyrinth. Wo ist der Ausgang? Wo Licht, natürliches? So ähnlich ist das Redaktionsteam wochenlang unterwegs. Seit Anfang August häufen sich Hinweise in fast allen Ressorts, dass beim Bau des WCCB vieles schief laufe. Materialsichtung, Interpretation, die Motivationslage der Absender. Doch die WCCB-Informationen für die Redaktion stammen aus unterschiedlichsten Quellen, die alle offenbar sehr nahe am WCCB-Projekt liegen. Bonner Bürger schreiben, telefonieren, geben Tipps, wollen nicht genannt werden. Sie sind wütend, empört, reagieren auf den mutmaßlichen "Verrat an Steuergeldern" mit so etwas wie Gegenverrat. Die Wut mag ein Feind der Besonnenheit sein, aber sie kann auch ein Freund der Wahrheitssuche sein.

Dann die eigene Recherche; das Aufspüren von kleinen und großen, vor allem plausiblen Zusammenhängen beginnt. Ein Riesenpuzzle liegt vor der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe. Stammkapital, Nennkapital, Eigenkapital, Fremdkapital. Das sind nicht gerade alltägliche Begriffe in einer Tageszeitung. Ist eine Nebenabrede eine Quasi-Bürgschaft? Können 60 Prozent Zinsen, verlangt außerhalb des Bankengeschäfts, sittenwidrig sein? Drei von 1 000 Unterfragen.

Schließlich SMI: SMI Hyundai Corporation (Reston/USA), SMI Hyundai Management GmbH (Bonn), SMI Hyundai Europe GmbH (Berlin), dazu Hong Architekten Planungsgesellschaft mbH (Berlin) oder Hong Architekten Projektmanagement GmbH (Berlin). Die von der Redaktion eingeschalteten Experten finden sogar eine Spur, die von Bonn zu SMI Capital PTY Ltd. in Chippendale (Australien) führt. Vermutlich eine unvollständige Auflistung aller SMI-Filialen. Rein numerisch und geographisch spiegelt das SMI-Netzwerk tatsächlich einen Weltkonzern. "Das Ganze ist die Summe seiner Teile", meldet die Homepage von Hong Architekten. Aber wo sind die Zusammenhänge, die aus der Funzel einen Scheinwerfer machen?

Die Recherche sollte eigentlich in eine einzige große WCCB-Geschichte münden, doch dann erreicht ein dickes Kuvert die Zeitung. Als Absender ein Name - einer Person, die vor Jahren gestorben ist. Kopien von Dokumenten, E-Mails, Verträgen, Gesprächsnotizen. Im Kuvert steckt das Skelett eines Wesens, sozusagen die vierte Erkenntnisebene, während das Redaktionsteam noch am Phantombild dieses Wesens bastelt. Doch einige inhaltliche Tests an bestimmten Stellen des WCCB-Wesens ergeben: Passt!

Die Entschlüsselung möglicher Zusammenhänge und Hintergründe beginnt - und deren Veröffentlichung in der Serie "Die Millionenfalle". Wirtschaftsprüfer, Asien-Fachleute und andere Experten inspirieren die Redaktion zu ungewöhnlichen Ansätzen (siehe Millionenfalle 6), womit die Geschichte noch unvorstellbarer wird. Danach könnte die Stadt Bonn, zumindest in der entscheidenden Investor-Suchphase, Opfer eines perfiden, generalstabsmäßigen und ausgeklügelten Plans geworden sein, ausgeheckt von einem koreanischen Netzwerk, in dem jeder hochspezialisiert seine Rolle spielte.

Was ist passiert? In einem Investoren-Auswahlverfahren lässt die Stadt Bonn sich von externem, unabhängigem Sachverstand leiten. Michael Thielbeer begleitet das Projekt von Anfang an und verfasst Mitte November 2005 seine Schlussexpertise, während im Vorfeld der eloquente und leicht charismatische SMI-Präsident Man-Ki Kim - "I like Bonn" - zwischen Politik, Öffentlichkeit und Medien imposante Duftmarken setzt. Professionell, umfassend organisiert, in Dubai und Tripolis genauso zu Hause wie in Bonn. Dass sowohl Thielbeer als auch Kim immer wieder vage einen Konzern-Hintergrund andeuten, der dem Unbefangenen "Hyundai-Kia" und wirtschaftliche Endlos-Kraft suggerieren soll, erscheint heute angesichts des WCCB-Desasters fast banal, wirkte aber damals wie eine beruhigende Hintergrundmusik.

Thielbeers Expertise empfiehlt SMI Hyundai, der Rat der Stadt folgt der Empfehlung Mitte Dezember 2005, und bereits Anfang März 2006 wird der Projektvertrag zwischen Stadt Bonn und UNCC und SMI Hyundai (siehe Kasten: Wer ist was beim WCCB?) unterschrieben.

Nun ist der Weg frei: Am 3. November 2006 erfolgt der WCCB-Spatenstich - für eines der größten kommunalen Infrastrukturprojekte Deutschlands. Es sollte zunächst 70 Millionen Euro kosten, doch in der Schlussexpertise war Thielbeer SMI Hyundai gefolgt: Würden aus 185 Hotelzimmern 352, könnte das Kongresszentrum später wirtschaftlicher betrieben werden. So beschließt und bestellt der Bonner Stadtrat ein Konferenzzentrum mit 352 Hotelzimmern für 139 Millionen Euro.

Zunehmend liefert der Zeitstrahl der Ereignisse mehr Leuchtkraft für unsere Funzel. Während das Investoren-Auswahlverfahren noch darum ringt, die Spreu vom Weizen zu trennen, eben den seriösesten und besten Partner für das Bonner Zukunftsprojekt zu finden, treffen sich bereits sieben Monate vor der Entscheidung, im April 2005, drei Herren in Frankfurt: Kim, bereits in Bonn auf erfolgreicher Goodwill-Tour unterwegs, Young-Ho Hong, der spätere Planer, Bauer und Abrechner, dazu Dr. Ha-S. C., der Rechtsanwalt mit Kanzlei im Taunus und spätere Architekt des Projektvertrags. Das muss nichts heißen. Wer professionell arbeitet, bereitet sich für den Fall der Fälle vor.

Dr. Ha-S. C. Gründung der UNCC fernab von Bonn im Juli 2005, vier Monate vor der Entscheidung, ist vielleicht ebenso ein Indiz für Profession wie die Gründung der SMI Hyundai Europe im Juni 2006 - jener GmbH, die einmal das WCCB planen, bauen und abrechnen soll. Im Dezember 2005 fallen dann im Rat die Würfel in die von Thielbeers Expertise geblasene Richtung: für SMI Hyundai. Damit ist für das südkoreanische Trio Kim, Hong und Dr. Ha-S. C. nun der Fall der Fälle eingetreten. Das kann nur mehr Arbeit bedeuten oder das Knacken eines Steuermillionen-Jackpots. Auf der gemeinsamen Weihnachtsfeier 2006 in Washington spritzt der Champagner.

Kaum ist die Tinte unter dem Projektvertrag getrocknet, wird Thielbeer ("mit Kenntnis der Stadt") auf die Seite des Auserwählten wechseln - die andere Seite, die der Stadt gegenüberliegende, denn letztlich sitzt man sich im Streitfall als Vertragsparteien gegenüber. Spätestens jetzt wird die Unabhängigkeit des Beraters fragwürdig. Obwohl nicht im Handelsregister eingetragen, tritt Thielbeer im Jahresbericht 2006 von "Bonn International Model United Nations" in karitativer Erwähnung sogar als Geschäftsführer von SMI Hyundai Europe GmbH auf.

Der von Thielbeer favorisierte Auserwählte (Investor) entblättert sich, wie dargestellt, in einem bunten Strauß von GmbHs - an die der "unabhängige" Berater später, in 2006 und 2007, Rechnungen schreiben wird: UNCC, SMI Management, SMI Europe, Hong Architekten Planungsgesellschaft. Hier ist er angestellt, dort ist seine Beratung als Rechtsanwalt gefragt. Auf der etwas anderen "WCCB-Baustelle" summieren sich die von Thielbeer in Rechnung gestellten Beträge (Verträge und Rechnungen liegen dem GA vor) auf satt Sechsstelliges. Später, im August 2008, wird Thielbeer in die neu gegründete WCCB GmbH wechseln - als angestellter Geschäftsführer, und er wird auch vier Prozent der Anteile besitzen.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Aktivitäten des Teams Kim-Dr. Ha-S. C. Monate vor dem Projektvertrag mindestens als Zeichen der Zuversicht deuten, wenn nicht gar anders: Sie sind sich sicher, dass Thielbeer zuverlässig steuert und SMI Hyundai das Projekt, in der Millionenfalle-Serie als mit Steuermillionen gemästete "fette Made" bezeichnet, in die Arme treibt.

Wie berichtet, erleidet das Bonner Zukunftsprojekt später unter der Führung von Hong den "Schicksalsschlag" einer Baukosten-Explosion ungeahnten Ausmaßes. Es geht um rund 60 Millionen Euro. Hongs Begründung dafür spielt bis heute angesichts der vorliegenden Verträge fernab des Rationalen. Nach städtischer Auskunft hat das Städtische Gebäudemanagement im Auftrag des Kreditgebers Sparkasse KölnBonn die Mehrkosten gewissenhaft geprüft. Auch das wird vermutlich nun gewissenhaft geprüft. Im Zentrum aller Kritik steht das große Hotelzimmer-Zahl-Rätsel (der GA berichtete). 352 Zimmer für 139 Millionen Euro bestellt, aber für 139 Millionen lediglich 185 Zimmer geliefert - mehr Zimmer, so Hong, kosten 36,3 Millionen Euro mehr.

Es bleiben viele Fragen. War Kim ein Anstifter? Oder mehr? Oder nur ein Mann mit einem unvollständigen Plan, den erst Dr. Ha-S. C. perfektionierte und Hong umsetzte? Ist vielleicht auch das Honua-Arazim-Theater um die WCCB-Eigentumsrechte Teil einer größeren Inszenierung? Einiges lässt vermuten, dass das bisher Unvorstellbare, wie es nun per Razzia auch für Personen in Verwaltung und Politik vorstellbar wird, nicht den letzten Stand der Erkenntnis bedeutet.

Young-Ho Hong: Architekt mit Macht - Der 45-Jährige tritt selbstbewusst und ruhig auf.

Zurückhaltend, wachsam, beredt: Young-Ho Hong, Architekt und Generalübernehmer des World Conference Center Bonn, hinterlässt im persönlichen Gespräch einen aufgeräumten Eindruck. Der 45-jährige Koreaner ist in Deutschland aufgewachsen und beherrscht die deutsche Sprache in Perfektion. In Berlin führt er das Architekturbüro "Hong Architekten". Auf das Bonner Projekt WCCB wurde Hong aufmerksam gemacht durch "seinen Freund", den Anwalt Dr. Ha-S. C., der mit der Stadt den Projektvertrag als Bevollmächtigter von Kims SMI Hyundai Corporation ausgehandelt hat.

Hong beantwortet auch unangenehme Fragen nach seiner Machtfülle beim WCCB-Projekt entspannt und selbstbewusst: So spricht er von sich als "Vertrauensmann" zwischen Stadtverwaltung und dem Bauherrn UNCC GmbH. Kongresszentrum und Hotel, so gibt er zu verstehen, wären ohne ihn nie so weit gebaut worden. Den Bau vor dem Winter fertigzustellen, das ginge nur mit ihm. Noch vergangene Woche ließ Hong sich von Fernsehkameras auf der Baustelle filmen - und hielt mit seinem Architekten-Stolz nicht hinter dem Berg. In die Kritik geriet Hong zuletzt vor allem durch Ungereimtheiten bei der Baukosten-Explosion im WCCB. Den Bonner Politikern ist er durch die Aussage in Erinnerung, ohne ihn wäre alles noch viel teurer geworden. Zuletzt machte sich Hong Sorgen um die Zukunft seiner Baugesellschaft SMI Hyundai Europe GmbH "Natürlich haben wir die Insolvenz im Blick", sagt Hong dem GA.

Man-Ki Kim: Perfekter Präsentator

Der 47-Jährige überzeugte die Bonner durch Worte "Man-Ki Kim hat wie kaum jemand die Fähigkeit, Menschen in den Bann zu ziehen und von sich und seinen Ideen zu überzeugen." So sagt es jemand, der den 47-Jährigen gut kennt. Als Kim in Bonn mit den Plänen seines Unternehmens SMI Hyundai Corporation zum WCCB aufschlägt, sind seine Präsentationen nahezu perfekt. "Ich bin ein Bonner", sagte er bei jeder Gelegenheit. Auch an seinen versteckten Andeutungen, hinter ihm stehe der milliardenschwere Hyundai-Kia-Konzern, hat anfangs kaum jemand ernste Zweifel. Kim und SMI Hyundai werden als "Glücksfall für Bonn" bejubelt.

Inzwischen ist Kim nur noch sporadisch in Bonn, leistet hier und da eine notwendige Unterschrift in seiner Funktion als UNCC-Geschäftsführer und fliegt dann wieder zurück in die Vereinigten Staaten. Stets signalisiert er Interesse, seine Sicht der Dinge auch öffentlich darzustellen. Bevor ihn dann aber jemand fragen kann, wieso er zugesagtes Eigenkapital im Ergebnis selbst nicht aufbringen konnte, sitzt Kim wieder im Flugzeug nach Reston/ USA.

Beobachter auf der WCCB-Baustelle beschreiben Kim vor allem als einen "chaotischen Manager", dem das Projekt Kongresszentrum über den Kopf gewachsen sei. So fungierte er zuletzt offenbar nur noch als Spielball der unterschiedlichen Interessen bei Bonns Zukunftsprojekt. Die Besitzer Honua und Arazim signalisierten mehrfach, eine schnelle Ablösung Kims als UNCC-Geschäftsführer sei unumgänglich. So scheint es, dass die Zeit des charismatischen Man-Ki Kim in Bonn zu Ende geht.

Michael Thielbeer: Der Berater

Der 48-Jährige brachte SMI Hyundai den Zuschlag

Michael Thielbeer tritt erstmals im Jahr 2000 als Berater für die Stadt Bonn auf. Damals ist der heute 48-Jährige noch für die Plaut Strategy Consulting GmbH unterwegs und soll eine Bedarfsstudie für eine Multifunktionshalle in Bonn erstellen. In seiner Funktion als Rechtsanwalt wirkt er später entscheidend daran mit, dass die SMI Hyundai Corporation den Zuschlag für den Bau des Bonner Kongresszentrums erhält. Thielbeer lobt in seiner Schluss-Expertise für die Stadt das "deutliche Engagement des CEO von SMI Hyundai, Herrn Man-Ki Kim", und aufgrund "des Konzernhintergrundes wurde mit SMI Hyundai ein Projektvorvertrag geschlossen". Wenige Tage danach wechselt er als Berater zu Kim und SMI Hyundai.

Heute ist Thielbeer unter anderem Geschäftsführer der WCCB-Management GmbH, an der er neben seinem Mitgeschäftsführer Matthias Schultze auch einen Anteil von vier Prozent besitzt. Hauptgesellschafter mit 92 Prozent ist derzeit noch Young-Ho Hong. Die Gesellschaft soll sich um den Betrieb des Kongresszentrums kümmern. Gegenüber dem GA beteuerte Thielbeer zuletzt, ihm liege ein Erfolg des WCCB am Herzen. Vorwürfe, er habe sich kürzlich sein Gehalt deutlich erhöht, wies er zurück.

Thielbeer lebt privat in Düsseldorf. Sein Jura-Studium hat er laut WCCB-Internetseite an der Uni Bonn absolviert. Für viele Jahre hat Thielbeer zudem für das Beratungsunternehmen Roland Berger Strategy Consultants gearbeitet. Auch für die Deutsche Bank war der Berater tätig.

Wer ist wer im Bonner Millionenspiel?

WCCB: World Conference Center Bonn.

UNCC: Die UN Congress Center Bonn GmbH wurde am 20. Juli 2007 in Sulzbach von Dr. Ha-S. C. gegründet und später nach Bonn verlegt. Die UNCC ist die Bauherrin des WCCB, in die alle öffentlichen Gelder und von der Stadt Bonn über Nebenabreden gesicherten Sparkassen-Kredite fließen - mehr als 130 Millionen Euro. Zunächst besaß die SMI Hyundai Corporation 100 Prozent der UNCC-Anteile, heute nur noch sechs Prozent. Über die übrigen 94 Prozent streiten die Investmentfirmen Honua Investment Management Inc. (Hawaii) und Arazim Ltd. (Zypern). UNCC-Geschäftsführer ist bis heute Man-Ki Kim, einst bei SMI Hyundai Corporation, heute nicht mehr SMI-Bevollmächtigter.

SMI Hyundai Management GmbH: Die Betriebsgesellschaft des WCCB wurde am 27. Juli 2006 gegründet. Geschäftsführer ist Man-Ki Kim, später zeitweise auch Young-Ho Hong.

WCCB GmbH: Die Aufgaben der SMI Hyundai Management GmbH übernahm ab dem 4. August 2008 die World Conference Center Bonn Management GmbH (WCCB GmbH). Sie gehört Young-Ho Hong (92 Prozent), Michael Thielbeer (vier Prozent) und Matthias Schultze (vier Prozent). Geschäftsführer sind Thielbeer und Schultze.

SMI Hyundai Europe GmbH: Sie hat von der UNCC (Bauherr) den Generalunternehmer-Auftrag zum Bau des zunächst 139 Millionen Euro, heute fast 200 Millionen Euro teuren WCCB-Bauwerks erhalten. SMI Hyundai Europe wurde eigens für den WCCB-Bau in Berlin gegründet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist seit dem 27. Juni 2006 Young-Ho Hong. Öffentlich trat später auch Michael Thielbeer als Geschäftsführer auf. Für den WCCB-Bau arbeiten auch die Hong-Firmen Hong Architekten Planungsgesellschaft mbH (Berlin) und Hong Architekten Projektmanagement GmbH (Berlin).

Stadt Bonn: Sie hat den Projektvertrag mit der UNCC geschlossen und haftet in einer Nebenabrede mit der Sparkasse KölnBonn für den inzwischen 104 Millionen Euro hohen Kredit, den die Sparkasse der UNCC gegeben hat.

"Wir haben sorgfältig gearbeitet" - Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann zur WCCB-Razzia

Die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann antwortete gestern auf folgende Fragen des GA zum WCCB.

Lag das, was heute beim WCCB passiert ist, für Sie jemals im Bereich des Vorstellbaren?

Dieckmann: Nein.

Was sagen Sie zu dem Verdacht, dass die Stadt Bonn möglicherweise Opfer eines unglaublich umfassenden und raffiniert angelegten Manövers geworden ist?

Dieckmann: Dem Verdacht muss mit allen strafprozessualen Mitteln nachgegangen werden. Die Stadt unterstützt dabei die Ermittlungsbehörden mit allen Möglichkeiten

Könnte es sein, dass die Medien (respektive: GA-)Veröffentlichungen der letzten Wochen für die Aufklärung der Vorgänge bedeutsam und hilfreich waren nach dem Motto: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?

Dieckmann: Alle Medienberichte, die sich um eine sachliche Aufklärung bemüht haben, waren hilfreich.

Wann hatten Sie bei diesem für die Stadt Bonn derzeit wichtigsten Bauprojekt erste Zweifel, dass etwas nicht stimmt?

Dieckmann: In den letzten Tagen haben sich Zweifel so verdichtet, dass wir zur Einschaltung der Staatsanwaltschaft entschlossen waren.

Auch wenn die Stadt möglicherweise durch externe Gutachter aufs Glatteis geführt worden ist, worin sehen Sie die Verantwortung der Stadt und Ihre persönliche? Mit welchen Konsequenzen?

Dieckmann: Die Stadtverwaltung hat alle wichtigen Projektschritte in enger Abstimmung mit externem Sachverstand unternommen und auf dieser Basis Entscheidungsvorschläge erarbeitet.

Müssen Sie sich den Vorwurf machen, nicht sorgfältig genug vorgegangen zu sein?

Dieckmann: Nach allen Erkenntnissen, die mir bisher zugänglich sind, sage ich, wir haben sorgfältig gearbeitet.

Wie beurteilen Sie nach dem heutigen Tag die Zukunftsaussichten für das WCCB?

Dieckmann: Es gibt keine Alternative zur Fertigstellung und zum Betrieb des World Conference Centers.

Würden Sie nach dem heutigen Stand und bei anderen Projekten wieder eine Investorenlösung den Vorzug geben oder war das hier nicht der entscheidende Fehler?

Dieckmann: Eine Investorenlösung hat Vor- und Nachteile. Kommunale/staatliche Lösungen sind der Privatisierung nicht grundsätzlich überlegen. Gegen mögliche Täuschung ist niemand gefeit. Kostensteigerungen gibt es auch bei öffentlichen Projekten. Ich erinnere daran, dass sich die Baukosten des LVR-Museums (Bauherr: Landschaftsverband) verdoppelt haben. Das Kunstmuseum Bonn, Anfang der 90er Jahre in städtischer Verantwortung gebaut, wurde um zwei Drittel (von 60 auf 100 Mio. DM) teurer als geplant und wird heute dennoch als eine architektonische Errungenschaft in der Museumsmeile gepriesen.

Vertrauen ist auf dem Nullpunkt" - Bonner Politiker kommentieren die gestrigen Ereignisse

"Rechtliche Überprüfungen sind völlig normal, wenn der Verdacht auf Fehlverhalten besteht, wie jetzt. Ich werde, so wie ich das in meinem derzeitigen Beruf als Schulleiter gemacht habe, als Oberbürgermeister der Stadt Bonn immer volle Transparenz gewährleisten. Das Ziel muss jetzt sein: Das WCCB muss fertiggestellt werden. Ich bin überzeugt, dass das auch gelingt. Das WCCB ist ein Projekt, das Bonn große Zukunftschancen bietet." Jürgen Nimptsch, designierter Oberbürgermeister

"Ich habe den Eindruck, dass die Situation um das WCCB bislang nicht richtig behandelt worden ist. Die politische Verantwortung trägt die Oberbürgermeisterin. Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, bereits den gewählten Nachfolger ans Ruder zu lassen, von dem man sich klare Worte wünschen könnte, aber erstaunlicherweise kein Wort hört. Dies erinnert sehr stark an die derzeitigen Dortmunder Verhältnisse, wo auch vor der Wahl Wesentliches verschwiegen wurde." Axel Voss, CDU-Parteichef Bonn

"Wichtig ist nun aber, dass die kommunalen Interessen gewahrt werden und alles unternommen wird, um zu einer vollen Aufklärung zu kommen und trotz dieser Zuspitzung den Weiterbau und die baldige Inbetriebnahme des WCCB zu gewährleisten. Dass der Staatsanwaltschaft jede Zusammenarbeit und Unterstützung angeboten worden ist, ist zu begrüßen." Wilfried Klein, SPD-Ratsfraktionschef

"Jetzt ist wohl endgültig klar, dass die Verwaltung die Vorgänge um das WCCB nicht mehr im Griff hat. Ich hoffe, dass die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft den ganzen, für uns undurchsichtigen Sachverhalt endlich aufklären wird. Über die politischen Konsequenzen wird noch zu reden sein. " Benedikt Hauser CDU-Fraktionschef

"Frau Dieckmann ist am Montag mit keiner Silbe darauf eingegangen, dass der Verwaltung Informationen vorliegen, die nicht nur den Verdacht von strafrechtlich relevantem Verhalten nahe gelegt, sondern auch schon zur Vorbereitung einer Strafanzeige geführt haben. Unser Vertrauen darauf, dass die OB nun endlich ihrer eigentlich selbstverständlichen Pflicht nachkommt und den gewählten Räten alle Fakten, die die Stadtverwaltung kennt, freiwillig auf den Tisch legt, ist auf dem Nullpunkt. Die Suppe, die durch das katastrophale Missmanagement der Verwaltung mitverursacht wurde, dürfen dann allerdings die Bürger auslöffeln." Dorothee Paß-Weingartz, Grünen-Ratsfraktion

"Wir sind entsetzt darüber, wie viele Informationen uns in der Vergangenheit vorenthalten worden sind. Dabei haben die Fraktionen von CDU, FDP und Grünen stets viele Fragen zum WCCB gestellt, ich gebe zu, die Grünen am penetrantesten. Wir haben offensichtlich nie alle Antworten erhalten. Es ist gut, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt. Meine Hoffnung ist, dass das WCCB zuende gebaut wird. Uns stellt sich aber auch die Frage nach der politischen Verantwortung für dieses Desaster." Werner Hümmrich, FDP-Fraktionschef

"Die Fertigstellung des Projekts zu den für die Stadt günstigsten Konditionen muss sichergestellt werden. Alles andere wäre eine Katastrophe. Es müssen auch die Verantwortlichkeiten geklärt werden, wer bei der Stadt oder bei der Sparkasse die Go-Taste gedrückt hat, ohne dass der Investor die Vertragsbedingungen hierfür erfüllte." Hans-Ulrich Lang, Bürgerbund Bonn