Die GENERAL-Anzeiger-Berichte, 27.04.2010

Wirbel um gelüftetes WCCB-Geheimnis

Als Chronik eines schon früh absehbaren Desasters wird der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zum World Conference Center Bonn in die Annalen der Stadt eingehen. Doch es ist nicht nur der brisante Inhalt samt möglicher Konsequenzen für die dem Report nach Verantwortlichen, was zurzeit die Stadtspitze umtreibt. Die beschäftigt sich seit vergangener Woche auch mit der Frage, wie der Bericht an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Genauer gesagt, in die Hände der Medien. Dem General-Anzeiger liegt der Report seit Mittwochabend vergangener Woche nach der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vor.

Im Fall des WDR, der den Bericht am Donnerstagabend im Bild zeigte, glaubt Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) nun einen Schuldigen ausgemacht zu haben und scheut keine Kosten und Mühen, um zu prüfen, ob und wie man gegen ihn vorgehen kann: Grünen-Chef Peter Finger steht bei der Stadt im Verdacht, denn es war sein Name, der im Fernsehen der Länge nach über die Seiten des Berichts zu erkennen war. Mit dieser Kennzeichnung sollte sichergestellt werden, dass sich keiner der Ratsmitglieder traut, seinen dergestalt namentlich gezeichneten Bericht herauszurücken.

Doch nicht alle Politiker ließen sich dadurch den Schneid abkaufen und sahen sich gegenüber dem Bürger, den sie vertreten, mehr in der Pflicht als gegenüber einer Verwaltung, deren Vertreter sie teilweise in der Vergangenheit in Sachen WCCB zu sehr getäuscht und ihnen weisgemacht haben, die Finanzierung sei gesichert. Dabei war den damals städtischen Verantwortlichen bereits seit 2006 vor dem ersten Spatenstich bekannt, dass der koreanische Investor Man-Ki Kim massive Geldnöte hatte.

Diese Täuschung wird die Stadt und ihre Bürger vermutlich noch viel Geld kosten, sehr viel Geld. Und nicht nur der Skandal-Bau als solcher und die für seine Rettung engagierten Experten schlagen da mit Unsummen von Millionen zu Buche. Allein die juristische, baufachliche und wirtschaftliche Beratung, die die Stadt bisher einholte, kostete nach einer internen Mitteilungsvorlage für die kommende Stadtratssitzung rund 2,4 Millionen Euro.

Nicht mitgerechnet die anwaltliche Vertretung der früheren Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) und der von ihr beauftragten WCCB-Projektleiter Arno Hübner und Eva Maria Zwiebler, gegen die wegen Untreue im besonders schweren Fall ermittelt wird. Für sie zahlte die Stadt im Rahmen der Gewährung von Rechtsschutz für ihre Mitarbeiter bis Ende Februar insgesamt 31 535,77 Euro. Nun wird eine weitere Anwaltsrechnung fällig: Nach Angaben des städtischen Presseamtes der Stadt wurde zwar das städtische Rechtsamt mit dem Fall Peter Finger beauftragt, doch das Amt schaltete zusätzlich einen Rechtsexperten von außen ein, um zu prüfen, was juristisch möglich und geboten ist.

Finger selbst nimmt das Ganze gelassen. In einem Brief an den OB entschuldigt er sich für seinen formalen Fehler. Er sieht allerdings nach wie vor das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit gegeben, endlich die ganze Wahrheit über das WCCB zu erfahren. Es sei längst der Punkt erreicht, mit der bisherigen "Schweigekultur" aufzuhören. Und auch damit, alles, was der Aufklärung dienen könnte, unter den Verdacht des Geheimnisverrats zu stellen.