Die Kehrtwende - das Making-of

von Peter Berger, Kölner Stadtanzeiger

Vorbemerkungen:

Recherchen wie im Fall des Vergewaltigungsopfers, dem in zwei Kölner Krankenhäusern in katholischer Trägerschaft die ärztliche Hilfe verweigert wurde, basieren auf einem engmaschigen Informanten-Netz, das über Jahre gewachsen und mit einem entsprechenden Vertrauen unterlegt ist. Deshalb ist es schwierig, ein ausführliches Making of zu dieser Recherche zu erstellen, ohne Gefahr zu laufen, dieses Netzwerk zu zerstören.

Die Recherche:

Dass der Fall überhaupt ins Rollen kommt, ist ausschließlich guten persönlichen Kontakten zu einer sehr erfahrenen Kölner Notärztin geschuldet, die nach reiflicher Überlegung zu dem Entschluss kommt, das Erlebte öffentlich zu machen. Die Gegenrecherche erweist sich als äußerst schwierig, weil sie neben den üblichen offiziellen Nachfragen beim Krankenhausträger, der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria, sehr schnell an den Punkt kommt, an dem erhebliche Widersprüche auftauchen.

So lässt sich die Frage, warum das Ethik-Komitees des Krankenhausträgers bereits im November 2012 überhaupt eine interne Stellungnahme zu der Frage veröffentlicht hat, wie sich die Kliniken im Falle einer möglichen Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung und deren Abbruch sowie beim Verschreiben der „Pille danach“ zu verhalten haben, zunächst nicht eindeutig beantworten.

Die Klinikleitung weicht aus, erst auf anderen Wegen kommt ans Licht, dass Abtreibungsgegnerinnen sich in den Kliniken als Patientinnen ausgegeben haben. Zumindest in einem Fall soll eine „Testerin“ nach angeblichem ungeschütztem Sex die „Pille danach“ verlangt und auch erhalten haben. Auch die Frage, ob die beiden Kliniken sich nach dieser Stellungnahme aus eigener Initiative aus dem Kreis der Krankenhäuser verabschiedet haben, die in Köln eine anonyme Spurensicherung nach einer Vergewaltigung anbieten, oder ob dies auf Initiative des Notrufs vergewaltigter Frauen geschehen ist, bleibt zunächst strittig und kann später nur durch interne Quellen geklärt werden.

Die betroffenen Kliniken weichen auch der Frage aus, warum sie das Opfer nicht behandelt haben, obschon den Ärzten klar war, dass die Frau erstens das Rezept für die „Pille danach“ bereits erhalten hatte und es zweitens gar nicht um eine anonyme Spurensicherung ging, da sie bereits bei der Polizei Strafanzeige erstattet hatte.

Dieser Teil der Recherche lässt sich auch nur durch gute Kontakte zu Informanten im Umfeld des Erzbistums Köln fortführen. Dass am Ende der Recherchen Joachim Kardinal Meisner in Sachen „Pille danach“ eine Kehrtwende vollzieht, kommt auch für die Rechercheure ziemlich überraschend, zeigt aber auch, wie weit sich die Leitungsebene der katholischen Kirche im Erzbistum Köln nicht nur von ihrer Basis, sondern auch von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf den verschiedensten Führungsebenen entfernt hat.