Nordbayerischer Kurier, 29.09.2001

von Udo MEIXNER

Apokalyptischer Kampf gegen die Dämonen

Die Ursprünge des Engelwerkes (Corpus Operis Angelorum, ehemals Opus Angelorum) sind eng mit der Person Gabriele Bitterlich verbunden und reichen zurück bis in die Nachkriegszeit.


Gabriele Bitterlich wurde 1896 in Wien geboren. Als Kind soll sie die Gabe besessen haben, ihren eigenen Schutzengel zu sehen und Offenbarungen zu erhalten. 1947 bekam sie von ihrem Beichtvater den Auftrag, eine Art geistliches Tagebuch über die erhaltenen Offenbarungen zu schreiben.

1949 dann soll Bitterlich von einem Engel den Auftrag erhalten haben, ihr erstes Buch „Das Reich der Engel, Teil A" zu schreiben. Es folgten mindestens 13 weitere Bücher, dazu angeblich 80 000 Manuskriptseiten und verschiedene Rundbriefe.

Wundmale

1961 gründete Bitterlich das Engelwerk, dem anfangs ein Kreis katholischer Priester angehört. Das Engelwerk entwickelt sich schnell zu einer mitgliederstarken Bewegung. In der Folge zieht Gabriele Bitterlich mit ihrem engsten Kreis in die Burg St. Petersberg in Tirol. Über Bitterlich wurde gesagt, sie erkannte jede Sünde, konnte geweihte Hostien von anderen unterscheiden und war Trägerin der Wundmale Christi.
Bitterlich starb 1978 und wurde in der Burg des Engelwerkes begraben. Ihr Nachfolger wurde ein gewisser Georg Blask. Die Gemeinschaften und Organisationen innerhalb des Engelwerkes sind zahlreich. Zu ihnen zählen beispielsweise die Schutzengelbruderschaft, die Priestergemeinschaft oder aber auch die Katholische Pfadfinderschaft Europas (KPE). Und auch, wenn nach außen hin etwaige Verflechtungen möglichst kaschiert werden sollen, so lassen sich doch ab und an konkrete Berührungspunkte Geistlicher mit dem Engelwerk nachweisen. So auch im Falle Pater Heinrich Morscher, der im Auerbacher Kloster seine Exerzitien abhielt (mehr dazu im oben stehenden Artikel).
Morscher (Jahrgang 1929, 1954 zum Priester geweiht) war zum Beispiel 1986 an einer umstrittenen Werbeaktion des Engelwerkes beteiligt: Am 12. Februar 1986 fand in Augsburg ein Treffen statt, bei dem die Möglichkeit der Gründung einer neuen Ordensgemeinschaft erörtert wurde. Teilnehmer waren unter anderem Dr. Ingo Dollinger (ein enger Berater des damaligen Bischofs Dr. Josef Stimpfle), Pater Andreas Hönisch (Gründer der KPE) und eben Pater Heinrich Morscher als Missionar der Kongregation vom kostbaren Blut. Hönisch, der Initiator dieses Treffens, peilte eine neue Gemeinschaft mit striktem Armutsgelübde und Ausrichtung unter anderem auf die Jugendseelsorge an.
Der Vatikan hat bereits 1983 und verstärkt seit 1992 die Verwendung der Schriften des Engelwerkes verboten, ebenso den Gebrauch nicht biblischer Engelnamen, die so genannten Engelweihen und die von der sektiererischen Organisation verlangten Schweigeversprechen. Laut der römischen Glaubenskongregation stellt die Theologie des Engelwerkes einen „error per expressum" dar, zu Deutsch eine Irrlehre.
Die Lehre des Engelwerkes in Kürze: Jeder Mensch hat einen persönlichen Schutzengel, dem er sich weiht, und mehrere Geleitengel, die über schwierige Lebenssituationen hinweghelfen. Gründerin Gabriele Bitterlich beschreibt Namen, Aussehen, Attribute und Aufgaben von über 300 Engeln. Jeder Engel hat einen dämonischen Gegenspieler. Nach Bitterlich leben wir in einer Zeit des apokalyptischen Kampfes zwischen Engeln und Dämonen.

Engel-Verlobung

Der Werdegang eines Mitglieds verläuft in fünf Schritten: Schutzengelversprechen (eine Art Verlobung mit dem persönlichen Engel), Schutzengelweihe (auf Zeit und Ewigkeit), Aufnahme in den Helferkreis, Engelweihe (nach drei Jahren, an alle Engel) sowie Sühneweihe. Die Sühne hat im Engelwerk eine wichtige Bedeutung.
Deshalb gehören zum Leben des Mitglieds tägliche Beichte und Kommunion. Jede Woche wird in ausgedehnten Gebetszeiten der Leiden Jesu gedacht, um die Sühnebereitschaft zu fördern.