Ahmet SENYURT

ARD, ZDF, WDR und NDR, stern, DIE WELT, taz und andere

„Ich wollte eigentlich bei Aldi Abteilungsleiter werden, das war meine Vision vom Leben.“

Statt sich aber um Geschäftsabläufe zu kümmern und Disounterware zu verkaufen, wurde der Türke Ahmet Senyurt Journalist. Kein Kindheitstraum, kein Jugendwunsch. Sein heutiger Beruf schien ehemals schlicht unerreichbar: „Ich hab mich als Migrant nie getraut, dass ich drei Sätze schreibe, die dann auch noch veröffentlicht werden, weil ich immer Angst hatte, mein Deutsch sei zu schlecht. Ich dachte, ich hätte keine Kompetenz.“ Doch bei seinem einjährigen Job als studentische Hilfskraft beim WDR - während seines Studiums von 1987 bis 1992 - habe er Blut geleckt: „Da durfte ich nicht nur Kaffee kochen, sondern auch journalistisch arbeiten.“

Mittlerweile wird Ahmet Senyurt, 1965 in der Türkei geboren und 7 Jahre später nach Deutschland immigriert, als Experte auf den Gebieten Migration und Integration gehandelt. Er hingegen gibt sich bescheiden: „Ich würde mich selbst nie so bezeichnen. Ich bin einfach nur Journalist.“ Dass er als Experte gelte, da er ein Feld quasi konkurrenzlos besetze, sei für ihn aber ein ökonomischer Vorteil. Ahmet Senyurt weiß, wovon er spricht: er studierte Volkswirtschaft und arbeitete nach dem Studium zunächst in der Industrie. 

Anfang der 90er Jahre wechselte er als Quereinsteiger zum WDR und kündigte seine vorherige Beschäftigung: „Ich habe einfach - mit Verzögerung - gemerkt, dass es mir total Spaß macht, journalistisch zu arbeiten.“ 

Er machte tagesaktuelle Geschichten und viele Wirtschafts- und Medizinthemen. „Ich habe sogar eine zeitlang für ein Sex-Journal gearbeitet.“ Von Anfang an ist er als freier Autor tätig, ausgenommen einer Festanstellung bei Vox von 1994 bis 1996: „Ich bin kein Mann für feste Strukturen. Als Redakteur ist man eher Verwalter, Sachbearbeiter im Grunde. Jemand, der dann den ganzen Tag in drei Konferenzen verbringt. Ich funktioniere da einfach nicht. Ich wollte nicht verwalten, sondern ich will Filme machen, ich will Stories machen.“ 

Ahmet Senyurt macht Filme und Stories. Er bedient damit Hörfunk, Print und Fernsehen gleichermaßen, arbeitet für ARD, ZDFsternDIE WELTWDRtaz und andere. Die Aufgaben bestimmt er größtenteils selbst: „Ich setze Themen, indem ich sage, ich möchte das machen. Und dann drück ich das auch durch, weil ich diese Kompetenz habe. Das hat zum Vorteil, dass mir keiner reinquatscht.“ Und woher die Ideen dafür nehmen? „Ein Thema findet man auf der Straße.“ 

Der Kölner Journalist wuchs in dem Milieu auf, über das er berichtet. Er besitzt ein großes Netzwerk von Kontaktpersonen und Informationsquellen und erkennt in der türkischen Sprache und Mentalität heute seine Kompetenzen. Er setzt sich für Geschichten nicht zuerst an den Schreibtisch, sondern geht vor Ort. Erkundet das soziale Umfeld und die Lebensverhältnisse der Personengruppen, bevor er einen Beitrag fertigt. Diese Nähe fordert von Ahmet Senyurt manchmal einen Spagat zwischen seinem Lebensalltag und der Welt, in die er für den Journalismus taucht: „Wenn ich in Moscheen schlafe, dann sehe ich aus wie ein Taliban. Dann rasiere ich mich nicht, ich bin dann genauso. Mein Problem ist, dass es manchmal sehr schwer ist, zwischen innerer und äußerer Welt zu trennen.“ 

Trotz aller Zwiespältigkeit sieht er in seiner investigativen Arbeit sein Fortkommen: „Das ist für einen Migranten die einzige Chance, hier zu bestehen. Auch die Anerkennung der deutschen Kollegen zu haben. Denn es gibt nicht so viele investigativ arbeitende Journalisten in Deutschland.“ 

email: ahmet.senyurt(at)web(dot)de

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