Thema Mindestlohn: Pro & Kontra

Eine kleine Einführung in ein teilweise umstrittenes Thema

Sollte oder müsste eigentlich jeder von seiner Hände Arbeit leben können?

Die meisten Menschen werden das wohl bejahen. Welch anderen Sinn sollte Arbeit sonst haben? Dies zeigt auch eine ARD-Umfrage:

Selbstverständlich ist eine solche Einschätzung allerdings nicht. Es gibt unter den Wirtschaftsexperten hoch angesehene Fachleute, die diese These "Jeder muss von seiner Hände Arbeit leben können" als "den dümmsten Spruch des Jahres" bezeichnen. So zum Beispiel der international renommierte Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Hans-Werner SINN, bis Ende 2015 Direktor des ebenso bekannten ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in München, der gleichzeitig an der Münchner Universität Nationalökonomie und Finanzwissenschaft lehrt. SINN sagt weiter: "Wer so denkt, verwechselt Wunsch und Wirklichkeit".

Er hat das so in der Süddeutschen Zeitung bzw. auf www.sueddeutsche.de gesagt bzw. selbst so geschrieben. Und so lauten seine Argumente:

"Jeder muss von seiner Hände Arbeit leben können. Es darf nicht sein, dass Firmen ihre Geschäftsmodelle darauf aufbauen, dass der Staat den niedrigen Lohn, den sie zahlen, noch aufstockt. Firmen, die es nicht schaffen, einen auskömmlichen Lohn zu zahlen, brauchen wir nicht." Das sind Sprüche aus den vergangenen Monaten, denen vermutlich zwei Drittel der Deutschen zustimmen. Aber es sind die dümmsten Sprüche des Jahres. Sie verwechseln Wunsch und Wirklichkeit.

Begründung: Wenn die Leistung (Produktivität) einer Firma zu gering ist, einen überlebensfähigen Lohn daraus zu finanzieren und kein Mensch bereit wäre, sich damit abzufinden, dann wachse die Arbeitslosigkeit eben weiter und ebenso die "Erosion der deutschen Gesellschaft".

Seine Lösung:
"Es gibt nur fünf Wege, wie Deutschland der Globalisierung begegnen kann, ohne die Ziele des Sozialstaats zu opfern. Erstens kann es in mehr Bildung investieren. Zweitens kann es die Arbeitslosigkeit hinnehmen und sie staatlich finanzieren. Drittens kann es die Firmen zwingen, Arbeitslose einzustellen. Viertens kann es die Arbeitslosen beim Staat beschäftigen, und fünftens kann es Niedriglohnjobs im privaten Sektor bezuschussen.

Der erste Weg ist dringend erforderlich, führt aber erst nach einer Generation zum Ziel. Der zweite Weg folgt aus dem Mindestlohn; er ist ineffizient und menschenverachtend. Der dritte und vierte Weg, ebenfalls als Ergebnis des Mindestlohns denkbar, bedeutet jeweils einen Systemwechsel zurück in die Zentralverwaltungswirtschaft ostdeutscher Prägung. Der fünfte Weg ist der einzige, der dauerhaft tragfähig ist und bereits kurzfristig Erfolg verspricht. Statt über Jahrzehnte hinweg Millionen von Arbeitslosen komplett zu bezahlen, ist es besser, Millionen von Menschen, die von ihrer Hände Arbeit nicht leben können, dauerhaft während der Arbeit zu bezuschussen."

Mit letzterem meint der Wirtschaftsprofessor die Hartz IV-Regelungen.

Man kann über ökonomische Wechselwirkungen und (angebliche) Notwendigkeiten denken, wie man will: die Frage ist, ob es vor allem die wirtschaftlichen Mechanismen sein sollen, die alle anderen Regeln vorgeben, oder ob es die Würde des Menschen ist (die man auch als ein Minimum an Lebensqualität definieren kann), an der sich alles andere orientieren sollte.

Ein Mindestlohn hat übrigens eine ähnliche Funktion wie das so genannte Existenzminimum im Steuerrecht, das längst Standard ist: das Überleben auf einem Mindestminimum zu garantieren (egal ob man dafür arbeitet oder nicht).

Wir dokumentieren hier eine kleine Übersicht mit den gängigsten Argumenten zum Thema Mindestlohn: Pro und Kontra. Sie stammen zeitlich aus der Ära vor Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland seit dem Jahr 2015. Dies sollte man berücksichtigen.

Die gängigsten Argumente pro und kontra Mindestlohn:

(ES)