Die SS, die KZs, die Dresdner Bank und das Bundesverdienstkreuz

Was hat eine Kugelmühle, mit der man beispielsweise Knochen zermalmen kann und die versehentlich im KZ Auschwitz gelandet ist und nun wieder zurück nach "Litzmannstadt" in das dortige KZ soll, mit der Dresdner Bank zu tun (siehe Bild oben)?

Wieso steht am 15. September 1938 der Tagesordnungspunkt ""SS Siedlung Sachsenhausen" auf der Vorstandssitzung der Dresdner Bank (siehe Bild unten)?

Fragen, die einfach zu beantworten sind: Die Dresdner Bank AG war im Dritten Bank die Hausbank der SS. Und maßgebliche Banker aus dem Vorstand führten zeitgleich hohe SS-Dienstgrade. Zum Beispiel der Vorstandschef Karl RASCHE.  Dessen Rang zuletzt: SS-Obersturmbannführer.

Die Dresdner Bank war zeitgleich jene Bank, die sich auf das seit 1933 bestehende neue Geschäftsfeld "Arisierungen" konzentriert hatte: die Einteignung jüdischer Geschäfte, Fabriken und Firmen.

Der Tagesordnungspunkt ""SS Siedlung Sachenhausen" betraf die dortigen Einfamilienhäuser für die KZ-Schergen der SS-Totenkopfverbände: Die KZ-Wärter wollten schließlich nett, adrett und vor allem auch sauber in den eigenen Vier-Wänden wohnen. Rund 20.000 Mark kostete damals ein solches Häuschen. Hypothekenfinanzier: die Dresdner Bank.

Bei der fraglichen Vorstandssitzung war auch der Chef des Aufsichtsrats und früherer Chef des Vorstands anwesend: Carl GOETZ. Er repräsentierte die Bank nach außen vor allem auch als 'Saubermann', denn er war nicht in der NSDAP. Er hatte aber - zusätzlich zu seinen offiziellen Pflichten als Aufsichtsratschef - einen Beratervertrag mit der Dresdner Bank, in dem er gehalten war, sich "über alle wichtigen Geschäfte" unterrichten zu lassen.

Und er hatte sich im Auftrag des Wirtschaftsministeriums bereit erklärt, "die Frage der Arisierungen des ganzen jüdischen Besitzes in Deutschland zu studieren". Ein Bank-Profi sozusagen. Im Dritten Reich.

Und ebenso dann auch nach 1945. Man hatte ja einen Vorzeigebanker mit "sauberer Weste": Carl GOETZ, der auch nach 1945 wiederum schnell weitere Karriere machte. 1957 bis 1965 wurde er erneut Vorsitzender des Aufsichtsrats der Dresdner Bank in Frankfurt/Main.

1956, kurz vor seiner Rückkehr in den Schoß der Dresdner Bank, bekam Carl GOETZ, der vor und nach 1945 in Hessen lebte, das "Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband" zugesprochen. In der Vorschlagsbegründung liest sich das so (Auszüge):

  • Zu seinen Tätigkeiten in der NS-Zeit findet sich nur ein (einziger) Satz, der folgendermaßen lautet: "Neben der reibungsloen Durchführung der genannten Fusion ... und der Bewältigung der sich ihr anschließenden umfangreichen Rationalisierungsarbeit zählt zu den Hauptverdiensten des HerrnHerbst 1937 gelungene Reprivatisierung der Dresdner Bank".
  • Und ansonsten heißt es weiter: "Herr Goetz gehört seit Jahrzehnten zu den Persönlichkeiten, deren Arbeit dem friedlichen deutschen Aufbau und Fortschritt in umfassender und außergewöhnlicher Weise gedient hat und noch dient."
  • "Herr Goetz hat in der Zeit nach dem Kriege in besonders uneigennütziger, objektiver und äußerst fachkundiger Weise der Bundesregierung als Berater un Geld- und Kreditfragen, in Fragen der Währungspolitik und der Wirstchaftspolitik zur Verfügung gestanden."

Soweit zum Hinweis der Hessischen Staatskanzlei, dass es in Hessen noch nie eine solche Auszeichnung für eine "berufsbezogene Leistung" gegeben habe. Auch bei Carl GOETZ, so nehmen wir doch an - und insbesondere auch im Hinblick auf den gut dotierten Beratervertrag - gehör(t)en Beratung undsoweiter zu den "normalen Dienstpflichten".

 

Literatur:

Johannes LUDWIG (1992): Boykott - Enteignung - Mord. Die "Entjudung" der deutschen Wirtschaft. 3. überarb. Aufl., München: Piper Verlag

Klaus-Dietmar HENKE (Hg.) (2006): Die Dresdner Bank im Dritten Reich. München

Ralf AHRENS (2007): Die Dresdner Bank 1945-1957. Konsequenzen und Kontinuitäten nach dem Ende des NS-Regimes. München

(JL)

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