(K)ein Bundesverdienstkreuz für Stefan R., aber für andere

Dokumentation eines Schriftwechsels

Im Frühjahr 2006 geht bei der Hessischen Staatskanzlei ein Schreiben ein, in dem Stefan R. aufgrund seines sofortigen Handelns im November 2002 für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen wird.

Daraus wird aber nichts. Auf diesen Umstand werden wir aus 'einschlägigen Kreisen', wie man so sagt, hingewiesen. Grund (genug) für uns, dieser Information nachzugehen. Am Ende der Recherchen steht nicht nur ein mehrfacher Schriftwechsel mit der Hessischen Staatskanzlei, sondern auch die Geschichte, die sich dahinter verbirgt: die Geschichte des Flughafenzöllners Stefan R.

Wir dokumentieren hier den Briefwechsel, der typisch für deutsche Behörden ist: Man weigert sich, uns Auskünfte zu geben. Ebenso typisch die Argumente: Datenschutz und Persönlichkeitsschutz. Lesen Sie selbst. Und schauen Sie sich ein Beispiel an, in dem wir dokumentieren, wer sonst so (zumindest früher) mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet wurde.


Die erste Runde

Der erste Brief an die Hessische Staatskanzlei - auf Briefbogen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, wo das DokZentrum ansTageslicht.de derzeit angesiedelt ist - datiert vom 26. Dezember 2009. Wir fragen,

  1. "ob der Hinweis korrekt ist, dass der fragliche Zollbeamte tatsächlich zur Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen bzw. ob eine solche Würdigung in Erwägung gezogen wurde?
  2. Ob diese Auszeichnung auch vollzogen wurde?"


Die Antwort (29.12.2009):
"Im Jahre 2006 lag der Hessischen Staatskanzlei eine Anregung zur Auszeichnung des von Ihnen beschriebenen Zollbeamten vor. Diese wurde jedoch nach erfolgter Prüfung nicht aufgegegriffen, da eine berufsbezogene Einzelleistung nach den Ausführungsbestimmungen zum Statut des Verdienstordens der Bunderepublik Deutschland nicht auszeichnungswürdig ist und außerdem die Schmuggelbekämpfung zu den normalen Dienstpflichten eines Zollbeamten gehört."

Die zweite Runde

Das wollten wir genauer wissen:

  1. Wer genau hat denn da "geprüft"?
  2. Und: "Ist es in Hessen tatsächlich noch nie vorgekommen, dass ein Bürger im Zusammenhang mit „berufsbezogenen Einzelleistungen“ mit einem Verdienstorden ausgezeichnet wurde?"


Wir begründen unsere Nachfrage so:"Wir fragen deshalb nach, weil uns im Zusammenhang mit den erhaltenen Informationen zu diesem Fall (siehe die Anlage vom 26.12.) signalisiert wurde, dass der fragliche Zollbeamte erheblichen „Stress“ mit seinem Arbeitgeber, sprich seiner Behörde bekommen haben soll. Aus diesem Grund würde uns interessieren, ob die von Ihnen beschriebene „Prüfung“ dieser Frage im Hause der Staatskanzlei oder außerhalb erfolgte bzw. wenn ja, wer „geprüft“ und entschieden hatte."

Antwort der Hessischen Staatskanzlei:"Ich darf Ihnen versichern, dass in dem vorliegenden Fall ebenso angemessen wie gründlich und umfassend nach den strengen ordensrechtlichen Bestimmungen und Voraussetzungen geprüft wurde. Es ist mir jedoch aus persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt, Ihnen weitere Auskünfte zu geben."

Unsere zweite Nachfrage in der dritten Runde

Mit dem Pauschalhinweis auf "persönlichkeits- und datenschutzrechtliche Gründe" kann man heutzutage alle (unangenehmen) Fragen abschmettern und deshalb gaben wir uns nicht zufrieden damit. Denn wir wollten ja keine Namen wissen, wer da "geprüft" hatte, sondern welche Institution bzw. welche Verwaltung oder Abteilung. Also, ob etwa die Oberzöllner des entlassenen Flughafenzöllners "ebenso angemessen wie gründlich geprüft" haben. Deshalb ein dritter Brief an die Hessische Staatskanzlei, Betreff: Verdienstorden, 2. Nachfrage - Ihr Schreiben v. 20.1. (Az PV 2.1 PRO 04).Diesesmal kommt die Antwort vom "Chef des Protokolls" und zwar "PERSÖNLICH" - der bisherige Bearbeiter weiß offenbar nicht weiter:

Die vierte Runde bzw. die dritte Nachfrage

Jetzt wissen wir wenigstens, dass jene, die den Vorschlag "geprüft" hatten, bei der "Entscheidungsfindung" darüber "fach- und sachbezogen Auskunft geben" konnten. Wer auch immer das gewesen ist.

  • Wieso aber im umgekehrten Fall einer Zuerkennung eines Verdienstordens für einen 'ausgezeichneten' Bürger auch diese Informationen "dem absoluten Gebot der Vertraulichkeit" unterliegt, und
  • wieso die Frage, ob es denn in Hessen noch nie eine solche Auszeichnung auch für eine "berufsbezogene Einzelleistung" gegeben habe, "keinen Sinn" mache, das war Gegenstand einer weiteren Nachfrage.


Es sollte die letzte werden:

1. "Wo genau ist denn geregelt oder gesetzlich oder sonstwie kodifiziert, dass solche        Informationen, wie Sie schreiben, dem „absoluten Gebot der Vertraulichkeit“ unterliegen?

2. Wieso ergibt denn damit auch unsere zweite Frage „keinen Sinn“, die darauf abzielte, zu erfahren, ob es denn in Hessen tatsächlich nie vorgekommen ist, dass Bürger im Zusammenhang mit „berufsbezogenen Einzelleistungen“ ausgezeichnet wurden?
Sie schreiben uns einfach, dass selbst wenn Ihnen ein entsprechender Fall bekannt wäre, Sie uns wiederum aus „persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Gründen darüber keine Auskunft erteilen“ dürften. Bedeutet dies, dass auch die Gründe für positiv beschiedene Auszeichnungen dem „absoluten Gebot der Vertraulichkeit“ unterliegen?

3. Und ist dies (nur) im Bundesland Hessen so?"


Und hier die letzte Antwort des hessischen Protokollchefs - er bittet darum, "von weiterer Korrespondenz abzusehen":

Die vom "Chef des Protokolls" erwähnte Website beim Bundespräsidenten über Ordensangelegenheiten enthält natürlich keine Hinweise oder Vorschriften zu Auskünften oder Nichtauskünften aus "persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Gründen".

Und der Hinweis, dass auf "Auskünfte über ein Ordensverfahren kein Rechtsanspruch" bestehe, kann eigentlich nur heißen, dass Auskünfte im Prinzip schon möglich sind. Nur eben ohne "Rechtsanspruch". Sonst müsste es ja heißen, dass es nicht möglich oder dass es schlichtweg untersagt ist, Auskünfte zu erteilen.

Aus diesem Grund liegt der Verdacht nahe, dass man hier keine Auskunft bzw. Hinweise geben wollte. Was wir ja - so gesehen - nachvollziehen können. Denn wir wollten ja nur wissen, "wer" denn da "sach- und fachbezogen Auskunft" zu dem Vorschlag gegeben hatte, Stefan R. für sein entschlossenes Handeln (und vielleicht sogar nachträglich für den 'Stess', den er hatte) einen Verdienstorden zuzuerkennen. Es kommt da eigentlich nur der "Dienstherr", sprich der Zoll in Frage. Und wie der diesem Fall gegenübersteht, ist bekannt.

Wie es um den Umstand steht, dass auch in Hessen keine "berufsbezogenen Einzelleistungen" auszeichnungswürdig seien, diese Frage wollen wir an einem ganz anderen Beispiel aufwerfen. Einem Fallbeispiel, dass sich über mehrere Jahre hin erstreckt: auf die Zeit vor 1945 und die Zeit nach 1945. Es betrifft in Hessen eine Branche und eine 'Persönlichkeit', die dort besonders gut gelitten ist: einen (seinerzeit) bekannten Banker einer deutschen Großbank: Die SS, die KZ's und die Dresdner Bank.

(JL)

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