Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 01.02.2014

von Rudi KÜBLER

Auf der langen Bank

SÜDWEST PRESSE , 01.02.2014 von Rudi KÜBLER

Zeit ist Geld – und an beidem mangelt es dem Uni-Klinikum Ulm. Prof. Klaus-Michael Debatin hatte ursprünglich die letzten Januartage anvisiert: Bis dahin, so hatte der Leitende Ärztliche Direktor noch im Dezember vergangenen Jahres gehofft, sollten die Verhandlungen zwischen dem Land und dem finanziell schwer angeschlagenen Klinikum über die Bühne gegangen sein. Doch damit ist es vorerst nichts: Die Gespräche drohen zu einer gefährlichen Hängepartie zu werden – was wohl dem Umstand geschuldet ist, dass in den vergangenen Monaten immer wieder neue Entscheidungsträger ins Spiel gekommen sind.


Rückblende. Aufgedeckt hatte das finanzielle Debakel Rüdiger Strehl, der als Kaufmännischer Direktor zeitlich begrenzt für fünf Monate eingesprungen war. Der 66-Jährige nahm bis Ende September 2013 an Gesprächen mit Vertretern des Wissenschafts- und des Finanzministeriums teil. Anfang Oktober wurde er von Albert Müller abgelöst. Der Leiter des Bereichs Finanzen war zum kommissarischen stellvertretenden Kaufmännischen Direktor bestellt worden, um die Geschäftsfähigkeit des Klinikums zu garantieren – bis zum Amtsantritt von Joachim Stumpp am 2. Januar dieses Jahres. Der 48-Jährige arbeitet sich gegenwärtig ein. Mit der Problematik eines Universitätklinikums im Allgemeinen, mit den Fallstricken einer Ministerialbürokratie im Besonderen ist Stumpp wenig bis gar nicht vertraut. Was die Verhandlungen nicht einfacher machen dürfte. Mit ein Grund, warum Debatin diese auch für ihn äußerst diffizile Anfangsphase gerne mit dem alten Fahrensmann Rüdiger Strehl gemeistert hätte.


Dass Wissenschaftsministerin Theresia Bauer den Aufsichtsratsvorsitz mit sofortiger Wirkung an Dr. Simone Schwanitz übergibt, soll zwar nach außen hin signalisieren, dass sie dem Ulmer Klinikum jetzt höchste Priorität genießt. Aber auch die Ministerialdirektorin wird sich die Materie erst aneignen müssen. Sprich: Die Verhandlungen werden auf die lange Bank geschoben, Entscheidungen in den kommenden Wochen mit Sicherheit nicht fallen – wohl auch, weil, wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, weder das Wissenschafts- noch das Finanzministerium die Verantwortung für eine Finanzhilfe übernehmen will. Eine Finanzhilfe, an der letztlich kein Weg vorbeiführt, zu tief sind die Löcher, die der alte Vorstand aufgerissen hat.


Das Uni-Klinikum braucht finanzielle Sicherheit – auch und gerade im Hinblick auf die Mitarbeiter, die um Lohn und Gehälter bangen. Immer nur weitere Neuanfänge zu beschwören, spült keinen Cent in die Kasse. Dass das Klinikum sich nicht allein aus dem Minus ziehen, hat Rüdiger Strehl eindrücklich dargestellt: Von den 15 Millionen Euro, die jährlich für Zins und Tilgung anfallen, können mit viel Optimismus 10 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Hoffnung macht, dass im vergangenen Jahr offensichtlich erstmals wieder die Erträge gestiegen sind. Bleiben 5 Millionen Euro, die irgendwo herkommen müssen. Dass das Land seine Raten für den Chirurgie-Neubau früher als vereinbart überweist, mag zwar kurzfristig für Entspannung sorgen und die Liquidität des Uni-Klinikums sicherstellen. Lösungen aber sehen anders aus.


Für Debatin selber ist die gegenwärtige Situation alles andere als erquicklich. Seine Mitarbeiter messen den Leitenden Ärztlichen Direktor an Verhandlungsergebnissen – und die bleiben bislang aus.