Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 24.04.2013

von Rudi KÜBLER

Die Kirchen mischen sich ein

SÜDWEST PRESSE , 24.04.2013 von Rudi KÜBLER

Gute Arbeit im Krankenhaus – Gesundheit für alle! Unter diesem Motto stehen Aktionen der Betriebs- und Klinikseelsorge. Hintergrund: der wachsende Druck auf die Mitarbeiter an den Kliniken.


Die Verzweiflung der Pflegekräfte wird immer greifbarer. Sagt einer, der es wissen muss: Erich Schäfer. Der evangelische Seelsorger, seit Frühjahr 2008 am Uni-Klinikum Ulm tätig, stellt fest, dass Pflegerinnen und Pfleger an der Belastungsgrenze sind – und teilweise bereits darüber. „Selbst das hohe Arbeitsethos, selbst die hohe Motivation reichen oft nicht mehr aus, den Aufgaben gerecht zu werden.“ Die verstärkte Ökonomisierung des Gesundheitswesens führe dazu, dass sich Pflege und Medizin nur mehr einem Ziel unterordnen müssten: schwarze Zahlen zu schreiben.


Wie gesund bleiben unter diesen Arbeitsbedingungen die Mitarbeiter, die verstärkt unter Druck kommen? Diese Frage greifen Schäfer und seine Kollegen auf: Alfons Forster von der katholischen Betriebsseelsorge und sein evangelisches Pendant, Martin Schwarz vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt; der katholische Klinikseelsorger Albert Rau komplettiert das Quartett. Sie haben für die Tage vor dem 1. Mai und am „Tag der Arbeit“ selber Veranstaltungen vorbereitet, die unter dem Motto stehen „Gute Arbeit im Krankenhaus – Gesundheit für alle“. Auslöser für die Beschäftigung mit den Arbeitsbedingungen an den Krankenhäusern sind aktuelle Vorgänge wie Ausgliederungen und Entlassungen am RKU sowie die finanziell angespannte Situation am Uni-Klinikum, die, so die Befürchtung, zu weiteren Einschnitten führen werde. „Dieses Thema schreit danach, inhaltlich in die Tiefe zu gehen“, sagt der katholische Betriebsseelsorger Forster. Wohlwissend, dass die Politik die Rahmenbedingungen der Krankenhäuser und die Vergütung über Fallpauschalen bei weitem nicht zufriedenstellend gelöst hat. Schäfer: Das System fährt an die Wand, eine finanziell verlässliche Basis muss vorhanden sein.


Was den Seelsorgern aber Sorgen bereitet, ist die Umsetzung der Sparbeschlüsse. Sie gehe einseitig zu Lasten der Klinik-Mitarbeiter. Viele Pflegekräfte arbeiteten gegenwärtig schon „an der Kante. Wenn sie kündigen und Stellen nicht ersetzt werden, wird der Druck noch größer“, warnt Schwarz. Das Ziel der Seelsorger: sich als Kirche solidarisch zeigen und die Mitarbeiter bestärken, über folgende drei Veranstaltungen:


Aktion: „Gut verbunden im Krankenhaus. Gesundheit für alle“ steht auf kleinen Karten, die die Seelsorger als kleine Aufmerksamkeit am Freitag, 26. April, ab 5.30 Uhr vor den Kliniken verteilen. Weiter heißt es: „Ihr Einsatz wirkt tägliche Notwendiges und Gutes – unter zunehmend schwierigen Bedingungen.“


Podiumsdiskussion: „Macht die Klinik krank? Kostendruck im Gesundheitswesen“ lautet der Titel der Veranstaltung am Montag, 29. April, im Haus der Begegnung, mit dabei: Andrea Schlatter-Kräutle, Leiterin Gebäudereinigung Uniklinik Freiburg, Dr. Jan Stefan Roell, Vorstandsvorsitzender Zwick Roell AG und Mitglied im Aufsichtsrat der Uniklinik Ulm, Dr. Friedrich Heubel, Vorsitzender der Gesellschaft für Ethik in der Medizin, Anton Schmid (Verdi). Moderation: Dr. Günter Renz, Evangelische Akademie Bad Boll.


Gottesdienst: Am 1. Mai findet vor der Gewerkschaftsveranstaltung ein ökumenischer Gottesdienst im Münster statt, 9.30 Uhr: S(ch)ichtwechsel. Es geht um die Geschichte vom barmherzigen Samariter.