Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 27.01.2014

von Rudi KÜBLER

Klinikum jetzt Chefsache

SÜDWEST PRESSE , 27.01.2014 von Rudi KÜBLER

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer reagiert auf die desolate finanzielle Lage am Uni-Klinikum Ulm: Sie hat den Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Hartmut Schrade abgelöst. Nachfolgerin ist Dr. Simone Schwanitz.


 „Ulm ist jetzt Chefsache“ – mit diesen Worten kommentiert die Pressestelle des Wissenschaftsministeriums die Ablösung des Aufsichtsratsvorsitzenden des Uni-Klinikums, Dr. Hartmut Schrade. Der Hintergrund für diesen Schritt: „Aufgrund der finanziellen Lage wird dem Uni-Klinikum Ulm eine erhöhte Priorität und mehr Aufmerksamkeit zugemessen“, sagt Pressesprecher Dr. Arndt Oschmann. Und weiter: „Die Ministerin will ein Aufbruchssignal setzen.“ Den Vorsitz des Gremiums wird Dr. Simone Schwanitz übernehmen, die bislang dem Aufsichtsrat des Tübinger Universitätsklinikums vorstand. Die 45-jährige Politologin und Volkswirtschaftlerin ist Stellvertreterin der Ministerin. Schrade, der elf Jahre lang das Ulmer Gremium leitete, wechselt im Gegenzug ans Klinikum Tübingen.


Prof. Klaus-Michael Debatin, seit Mitte des vergangenen Jahres Vorstandsvorsitzender des Uni-Klinikums, will sich zu dieser Rochade an der Spitze des Aufsichtsrats nicht äußern. Kein Geheimnis ist indes, dass die Ablösung Schrades von Mitgliedern des Aufsichtsrats durchaus begrüßt wird. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, wird dem Leitenden Ministerialrat im Wissenschafsministerium Untätigkeit vorgeworfen. Vor allem gegenüber dem Aufsichtsrat. Während Schrade eigenen Aussagen zufolge vom ehemaligen Vorstand, dem Leitenden Ärztlichen Direktor Reinhard Marre und dem Kaufmännischen Direktor Rainer Schoppik, immer auf dem Laufenden gehalten wurde, gab er selber diese Informationen an die anderen neun Mitglieder des Aufsichtsrats nicht weiter (siehe Info-Kasten). Erst Monate später wurden sie eher am Rande über den Liquiditätsengpass des Klinikums Ende 2012 unterrichtet – was für großen Unmut sorgte. Gleiches galt für einen Drei-Millionen-Kredit, den Marre und Schoppik am Aufsichtsrat vorbei bei der eigenen Tochter, dem Dienstleistungsunternehmen des Uni-Klinikums Ulm (DUU), aufgenommen hatten.


Martin Rivoir bezeichnete die Ablösung Schrades als „überfälligen Schritt“. Der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete hatte bereits Ende September vergangenen Jahres gefordert, Schrade von seinen Aufgaben zu entbinden. „Das ist jetzt die Chance auf einen Neuanfang.“ Sein Kollege Jürgen Filius von den Grünen bewertet den Wechsel im Vorsitz des Aufsichtsrats ähnlich, „gut, dass neu durchgestartet werden kann. Jetzt fehlt nur noch eine finanzielle Zusage. Das Klinikum darf nicht im Regen stehen bleiben.“