Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 09.11.2013

von Christoph MAYER

Protest-Flugblatt sorgt für Unruhe an Klinik

SÜDWEST PRESSE , 09.11.2013 von Christoph MAYER

Neue Unruhe am Klinikum: Ein Flugblatt ruft zum Protest gegen den künftigen Finanzchef auf. Der Ärztliche Vizedirektor dementiert Rücktrittsgerüchte.


Ulm. „Empört Euch!“, ist ein Flugblatt betitelt, der seit Donnerstagabend auf nahezu allen Stationen und Arztzimmern der Uni-Klinik im Umlauf ist. Dahinter steckt eine anonyme Initiative mit dem Namen „Wir sind die Uni-Klinik Ulm“, die mit dem Schreiben zum Protest gegen den designierten kaufmännischen Direktor Dr. Joachim Stumpp aufruft. Der künftige Finanzchef der Uni-Klinik soll, wie mehrfach berichtet, Anfang 2014 auf dem Oberen Eselsberg anfangen. Stumpp war Ende September vom zehnköpfigen Aufsichtsrat des Klinikums bestellt worden – gegen den Willen des Klinikvorstandes um den Leitenden Ärztlichen Direktor Klaus-Michael Debatin, der seinen Wunschkandidaten nicht durchbringen konnte, wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist.


In dem Flugblatt wird Stumpp als „eiskalter Sanierer“ bezeichnet. An seiner aktuellen Wirkungsstätte, dem städtischen Klinikum Ludwigshafen, habe er durch massive Stellenstreichungen binnen vier Jahren 23 Millionen Euro eingespart, heißt es weiter. Ein ähnliches Schicksal drohe nun auch der Uni-Klinik, die unter Stumpps Vorgänger Rainer Schoppik infolge des Chirurgie-Neubaus in die roten Zahlen gerutscht ist und – trotz eines von Schoppik verfügten harten Sparkurses – im Dezember 2012 am Rand der Zahlungsunfähigkeit war. „Unsere Arbeitsplätze sind weiterhin gefährdet, und die Arbeits-Anforderungen sollen immer höher geschraubt werden“, mutmaßt die Initiative, die die rund 6000 Klinikbeschäftigten dazu auffordert „an die Öffentlichkeit zu treten“.


Klinikchef Debatin war gestern für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen. Sein Stellvertreter Prof. Thomas Seufferlein sagte, er kenne den Brandbrief nicht und könne sich deshalb nicht dazu äußern. Gerüchte, wonach Debatin mit seinem Rücktritt beziehungsweise dem Rücktritt des Ärztlichen Vorstandes gedroht habe, falls Stumpp in Ulm anfange, dementierte Seufferlein. Der Aufsichtsrat habe eine Entscheidung getroffen, die es nun zu akzeptieren gelte. Dass Debatin deshalb das Handtuch werfe, glaube er nicht. Für sich selbst schloss Seufferlein ein solches Vorgehen aus: „Ich bleibe an Bord.“ Man habe am Klinikum viele Aufgaben zu bewältigen und Stumpp bringe zweifellos wirtschaftlichen Sachverstand mit, „den wir hier gut gebrauchen können“. Die Debatte um den designierten Finanzchef – sie war durch kritische Zeitungsberichte der Ludwigshafener „Rheinpfalz“ über Stumpp ins Rollen gebracht worden – findet Seufferlein wenig hilfreich. „Wir kennen diesen Menschen bisher nicht – nur aus den Mitteilungen Dritter. Vorverurteilungen sind nicht zielführend. Das können wir in der jetzigen Situation nicht gebrauchen.“


Der Aufsichtsratsvorsitzende der Uni-Klinik, Hartmut Schrade, wollte zu der Personaldebatte um Stumpp nur so viel sagen: „Ich freue mich, dass für das Uniklinikum ein Leitender Ärztlicher Direktor und ein Kaufmännischer Direktor bestellt sind. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihnen“, teilte der Leitende Ministerialrat auf Anfrage mit. Von Gerüchten, wonach sich auch etliche Chefärzte gegen Stumpp ausgesprochen haben sollen, habe er keine Kenntnis.