Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 11.05.2013

von Rudi KÜBLER

Schritt zur Gesundheitsstadt

SÜDWEST PRESSE , 11.05.2013 von Rudi KÜBLER

Die Neue Chirurgie sei ein wichtiger Baustein für die Wissenschaftsstadt Ulm. Sagte Reinhard Marre, Ärztlicher Direktor des Uni-Klinikums, gestern bei der Einweihung des 240 Millionen Euro teuren Neubaus.

Die Farbe war an manchen Stellen noch nicht ganz trocken, der letzte Erdhügel wurde kurz vor dem Festakt abgetragen – und mitunter mischten sich Handwerker in Blaumännern unter die 700 Gäste, die gestern zur Einweihung des „Mammutprojekts Neue Chirurgie“ auf dem Oberen Eselsberg geladen waren. Motto: Ein wenig Baustellen-Flair muss sein. Indes, die Arbeiten liegen im Zeit-, vor allem aber im Kostenrahmen, wie Prof. Reinhard Marre vor Vertretern aus Politik – unter ihnen Ministerpräsident Winfried Kretschmann –, Wirtschaft, Wissenschaft und Mitarbeitern des Uni-Klinikums sagte. Der Neubau, dessen Kosten sich Klinikum und Land teilen, gebe dem Oberen Eselsberg nicht nur ein neues Gesicht und stelle einen wichtigen Baustein des Masterplans Wissenschaftsstadt dar; im Verbund mit BWK und RKU entstehe eine Gesundheitsstadt mit über 2000 Betten, deren „Strahlkraft weit über die Region“ hinausreiche. So der Ärztliche Direktor des Uni-Klinikums, der auf künftige Aufgaben abhob: nämlich eine vernetzte, das heißt ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Diesen Neubau in direkter Nachbarschaft zur Inneren Medizin, also alles unter einem Dach zu haben, bezeichnete Marre als „Segen für die Patienten und als Vorteil für die Mitarbeiter“.

Das „bescheiden, klar und dynamisch wirkende Gebäude“ – so Jürgen Engel, dessen Münchner Büro für den Entwurf verantwortlich ist – bietet Platz für 235 Normalpflege- und 80 Intensivpflegebetten. 15 OP-Säle, ausgerüstet mit hochmoderner Technik, zwei Schockräume, ein Hörsaal sowie ein Forschungstrakt komplettieren den Neubau, der eine Nutzfläche in der Größe von vier Fußballfeldern hat.

Die Neue Chirurgie werde die Attraktivität der Uni Ulm insgesamt erhöhen, prophezeite Uni-Präsident Karl Joachim Ebeling. In Richtung von Ministerpräsident Kretschmann regte er die Schaffung eines außeruniversitären Instituts für Lebenswissenschaften an, zu 90 Prozent vom Bund, zu 10 Prozent vom Land finanziert, „wobei das Uni-Klinikum den Landesanteil übernimmt. Das wäre fürs Land ein Geschäft zum Nulltarif“.

Kretschmann wollte den Ball nicht aufnehmen, denn er habe schnell gelernt „keine unsortierten Äußerungen zu machen“. Er gratulierte dem Klinikum, als Bauherr („ein Novum“) die Herausforderung Neue Chirurgie bewältigt zu haben. 240 Millionen Euro seien ein stolzer Betrag, die Hälfte der Kosten zahle das Land gemäß der Vereinbarung aus dem Jahr 2006 in vier Jahren ab. Das beweise einerseits, wie wichtig der Neubau dem Uni-Klinikum als Zentrum der Hochleistungsmedizin für die Region – und weit darüber hinaus – sei. Andererseits zeige sich darin auch, wie eng die Handlungsspielräume des Landes sind. Kretschmann legte gleichzeitig ein Bekenntnis für die Existenz der Uni-Kliniken ab. „Sie sind unverzichtbar und gehören nicht in private Hand. Uni-Kliniken sind die Motoren der Forschung und der Innovation und der Landesregierung wichtig.“

Rainer Schoppik, Kaufmännische Direktor des Uni-Klinikums, dankte den Mitarbeitern, die mit ihrer geballten Kompetenz das Großprojekt vorangetrieben hätten. „Ihre Grundhaltung war immer: Wir schaffen das.“ Und Prof. Florian Gebhard, als Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Chirurgie quasi Hausherr, sprach von der „kompliziertesten OP meines Lebens“. Sie ist allerdings noch nicht beendet: Am 15. Juni steht der Umzug vom Safranberg auf den Eselsberg an, „diese Aufgabe ist gewaltig“.

Der Neubau wurde in einem multireligiösen Ritual vom evangelischen Dekan Ernst-Wilhelm Gohl, dem Stellvertretenden katholischen Dekan Thomas Keller, Imam Bilal Hod ˆ ziz vom Bosnisch-Islamischen Kulturzentrum und vom Ulmer Rabbiner Schneur Trebnik eingeweiht.