Kleine Chronologie der 4 panorama-Berichte über Islamismus in Deutschland

Wie sie entstanden, was sie bewirkten

1994

Gründung und Bau der König-Fahd-Akademie (KFA) auf Weisung des saudischen Königs Fahd


14.09.1995

Eröffnung der KFA in Anwesenheit des damaligen Bundesaußenministers Klaus Kinkel (FDP) und des ehemaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD)


01.10.2002

Eröffnung einer Zweigstelle der KFA in Berlin


ca. Anfang 2003

Beginn der Recherchen von panorama zur KFA Bonn nach Hinweisen von Ermittlern


26.09.2003

panorama filmt mit versteckter Kamera in der Moschee der KFA


September bis Oktober 2003

Zuständiges Schulamt der Bezirksregierung Köln erwägt durch Konfrontation mit Recherche-Ergebnissen eine Schließung der Schule



06.10.2003

Dienstreise von Bundeskanzler Schröder nach Saudi-Arabien. Auch auf der Tagesordnung: Gespräche über die KFA


Oktober 2003

  • Großes Presseecho auf den Beitrag
  • Demonstrationen von Aktivisten der Akademie
  • Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren gegen den gefilmten Prediger
  • Schulaufsichtsbehörde überprüft alle anderen Lehrer
  • Ministerium zieht Schulbücher ein und lässt sie von Landesinstitut für Schule in Soest kontrollieren
  • neuer Terrorverdacht der Ermittler
  • Bezirksregierung Köln erwägt nach wie vor Schließung der Schule

23.10.2003


28.10.2003

  • Jürgen Roters, Regierungspräsident der Stadt Köln, verkündet in einer Pressemitteilung Weiterbestand der Schule unter strengen Auflagen
  • deutsch-arabisches Komitee soll diese Entscheidung prüfen

Dezember 2003 bis Januar 2004

Sondergenehmigungen zum Besuch der Schule für Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft werden von der Stadt Bonn überprüft und aufgehoben


Oktober 2003 bis Oktober 2004

  • Razzien in Bonn und in Neu-Ulm: Fund von islamistischen Propagandamaterial und Material für Sprengstoffattentat
  • Gutachten des nordrhein-westfälischen Landesinstituts für Schule zu den untersuchten Schulbüchern
  • Schul-Ministerium nimmt brisantes Ergebnis zur Kenntnis, zieht aber keine Konsequenzen
  • Aktivisten treten weiterhin für ihre Schule ein

25.06.2004

Bund deutscher Kriminalbeamter fordert sofortige Schließung des Instituts nach Zwischengutachten zu untersuchten Schulbüchern


11.02.2004

Verwaltungsgericht Koblenz entscheidet im Eilverfahren über die zehn ersten Anträge von Schülern, die sich gegen die Aufhebung der Ausnahmegenehmigung wehrten: sieben Einsprüchen stattgegeben, drei abgelehnt


24.06.2004

Dritter panorama-Beitrag über die KFA: "Islamismus im Schulunterricht - Deutsche Behörden machtlos"


30.07.2004

Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz: Ausländische Kinder die ständigen Wohnsitz in Deutschland haben, unterliegen der Schulpflicht und müssen daher grundsätzlich eine deutsche Schule besuchen


30.09.2004

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Köln: Bestätigung der Entscheidung des Vewaltungsgerichts


Oktober 2004 bis März 2005

  • Bonner Staatsschutz hat über 30 Islamisten im Visier, darunter auch insgesamt 17 Eltern, deren Kinder die KFA besuchen
  • Bezirksregierung Köln erwägt Strategie der Reduktion der Schülerzahlen
  • Schulministerium in Düsseldorf sieht in dem erhöhten Zulauf saudi-arabischer Kinder in die Akademie kein Problem

27./28.02.2005

Dienstreise von Bundeskanzler Schröder nach Saudi-Arabien. Wieder Gespräche über die KFA


10.03.2005


danach


Inzwischen hat das Thema Islamismus leider eine völlig neue Dimension angenommen, die gerade fast die ganze Welt verändert. Und viele andere Zusammenhänge tangiert.

Das DokZentrum wird - sobald Kapazitäten vorhanden sind - sich auch auf diese neue Thematik einstellen.


August 2016

Mehr als zehn Jahre nach dem vierten panorama-Bericht kündigt Saudi-Arabien an, die Schule in Bonn zu schließen und eine im Bau befindliche Filiale in Berlin beenden zu wollen. Offizielle Begründung, die der saudische Botschafter dazu abgibt: Weil Deutschland über eines der besten Schulsysteme verfüge und sein Land davon lernen könne, sehe seine Regierung keine Notwendigkeit mehr, eigene Schulen zu unterhalten.

Der unbekannte saudische Whistleblower "Mujtahidd", der regelmäßig Informationen über Interna aus dem saudischen Königshaus kommuniziert, liefert eine andere Erklärung: Dem Land gehe so nach und nach das Geld aus, auch wenn Saudi-Arabien zu den größten Erdöllieferanten zähle. Der Staatshauslt betrage 270 Mrd. Euro und 115 davon seien im Prinzip ungedeckt. Bzw. wurden je zur Hälfte aus Rücklagen und neuen Schulden gedeckt.

Die königseigene Schule in Bonn ist teuer: auf 150 Kinder kommen 30 Lehrer.

Andererseits gehe viel Geld für Pomp und Protz drauf: So habe der Sommerurlaub des Königs Salman und dessen Kronprinz-Sohn Mohammed im marokkanischen Tanger gerade rund 950 Millionen Euro, also knap eine ganze Milliarde verschlungen. Das Königshaus war mit seiner Entourage von fast 4.000 Personen unterwegs. Alle Luxushotels in Tanger und Umgebung waren belegt.

Möglicherweise will sich aber das Land unter der Ägide des jüngsten Königssohn Abdul Aziz bin FAHD ein anderes Image im westlichen Ausland verschaffen. Presse- und Meinungsfreiheit, Menschenrechte von Andersdenkenden und Religionsfreiheit werden in Saudi-Arabien völlig negiert, Beispiel der Blogger Raif BADAWI. Das Land rangiert auf der Pressefreiheitsliste von Reporter ohne Grenzen auf einem der allerletzten PLätze.