Whistleblower Frankie ANDREU und seine Frau Betsy


Der 27. Oktober 1996 sollte das Leben von Betsy und Frankie ANDREU komplett verändern: An diesem Tag besuchten sie Frankies Freund und Teamkollegen Lance ARMSTRONG, der an Krebs erkrankt war, im Krankenhaus. Ärzte fragten ARMSTRONG, ob er je Dopingmittel zu sich genommen habe. ARMSTRONG nannte fünf: EPO, Testosteron, Wachstumshormone, Cortison und Steroide.

Zunächst änderten diese Aussagen nichts an der Freundschaft zwischen Frankie und Lance. Insgesamt sieben Jahre fuhren sie gemeinsam, erst bei Motorola, dann im US-Postal-Team. Doch besonders Betsy belastete das Wissen sehr. Sie war wütend auf ARMSTRONG und wollte ihm deshalb auch nicht zu seinem ersten Tour-Sieg gratulieren.

Ende 2000 beendete Frankie seine aktive Karriere als Radprofi, weil er ohne zu dopen keine Chance mehr sah, er war aber weiterhin im Radsport tätig. Zu diesem Zeitpunkt sind Frankie und Lance schon lang keine Freunde mehr. ANDREU hatte sich immer geweigert mit dem italienischen Dopingmediziner FERRARI zusammen zu arbeiten und bei ARMSTRONG’s Dopingsystem mitzumachen. Zur Vorbereitung auf die Tour de France 1999 nahm er aber auf eigene Faust EPO. Dies gestand er 2006 in der New York Times.

Als 2004 das Buch „L.A. Confidential“ von David WALSH und Pierre BALLESTER erschien, wurde darin auch die Krankenhausszene von 1996 beschrieben. ARMSTRONG verdächtigte sofort die ANDREUs als Quelle. Sie wurden auch tatsächlich von den Autoren bei der Recherche kontaktiert. Zwei Manager von ARMSTRONG drängten Frankie daraufhin, seine Frau dazu zu bringen, in einer schriftlichen Erklärung alles abzustreiten, was sie wusste. Frankie entschied sich aber dagegen und für die Wahrheit.

Auch das Unternehmen SCA Promotions wurde auf das Buch und die ANDREUs aufmerksam. Die Versicherungsgesellschaft suchte nach Beweisen, um ARMSTRONG als Doper zu entlarven. Für seinen Rekordsieg 2004 standen ARMSTRONG eine Erfolgsprämie in Höhe von zehn Millionen Dollar zu. Das US-Postal-Team hatte die Hälfte der Summe bei SCA Promotions versichert. Das Unternehmen versuchte nun alles, um das Geld nicht auszahlen zu müssen und eröffnete ein Gerichtsverfahren gegen ARMSTRONG. Am 25. Oktober 2005 sagten die ANDREUs vor Gericht aus, was sie 1996 im Krankenhaus beobachtet und gehört hatten. Sie erzählten die Wahrheit – trotz vorhergegangener Drohungen ARMSTRONG’s. SCA Promotions verlor den Fall trotzdem, da ARMSTRONG unter Eid alle Schuld von sich wies und keine weiteren Zeugen gefunden werden konnten.

Danach begann eine schwere Zeit für die ANDREUs. Frankie wurde im Radsport gemieden und verlor seinen Job. Auch die familiäre Situation war angespannt. ARMSTRONG verleumdete beide öffentlich, beschimpfte und beleidigt sie. Es wäre sicher einfacher gewesen, wenn beide für ARMSTRONG ausgesagt hätten. Doch vor Gericht zu lügen, kam für die ANDREUs nicht in Frage.

Sie begannen einen „Guerillakrieg“ gegen ARMSTRONG zu führen. Betsy sammelte alles, was ihre Beobachtungen belegen könnte. 2006 wurde der gesamte SCA Promotions-Fall im neuen Buch von WALSH uund BALLESTER „L.A. Official“ beschrieben. Aussagen von Betsy erschienen beispielsweise auch im Januar 2011 in einem großen Artikel des amerikanischen Sportmagazins Sports Illustrated. Das Haus der ANDREUs wurde nun Knotenpunkt für Informationen und Kontakte im Kampf gegen ARMSTRONG. 2012 wurden sie Kronzeugen der USADA.

Als ARMSTRONG dann im Herbst 2012 überführt wird, sind die ANDREUs sehr erleichtert. Nun müssen sie sich nicht mehr rechtfertigen, sie werden wieder akzeptiert. Die familiäre Situation entspannt sich und Frankie bekommt wieder Jobs im Radsport.

Der Fall von SCA Promotions und die Aussagen von Betsy und Frankie ANDREU tauchen zwar immer wieder vereinzelt in den Medien auf, werden von der breiten Öffentlichkeit aber nicht so sehr wahrgenommen wie die Anschuldigungen von Floyd LANDIS und Tyler HAMILTON. Dennoch spielen die ANDREUs als Whistleblower und Kronzeugen der USADA eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung des Dopingsystems und der Überführung von Lance ARMSTRONG als notorischer Lügner und Betrüger.

Über das Stichwort Whistleblower erfahren Sie mehr unter www.ansTageslicht.de/Whistleblower.


(JH)