Bergischer Bote, 20.01.2006

von Ekkehard RÜGER

KOMMENTAR

KOMMENTAR

von Ekkehard RÜGER


Es macht sich wieder Jagdfieber breit: Die Energiepreise explodieren, der Lieferriese EonRuhrgas muss erst vom Bundeskartellamt zu mehr Marktöffnung gezwungen werden und macht sich womöglich die Aufsichtsgremien der örtlichen Versorger auch noch durch Lustreisen gewogen. Doch in dieser Wabermasse der Empörung ist Differenzierung gefordert.

Keine Frage, die schon lange praktizierten Formen der Landschaftspflege zwischen kommunalen Entscheidungsträgern und Energielieferanten gehören auf den Prüfstand. Niemand muss eine Förderinsel in Norwegen besucht haben, um daheim über Lieferverträge mit Eon-Ruhrgas entscheiden zu können. Und dass die Essener diese teuren Angebote im moralischen Graubereich nicht als bildungspolitische Überzeugungstäter unterbreiten, sondern sich davon Vorteile versprechen, liegt auf der Hand. Aber strafrechtlich, das wissen auch die Ermittler in Köln, macht es eben doch einen Unterschied, ob die Einladungsfahrten Verbindungen zum Thema Gas erkennen lassen oder als Familienausflug in touristisch attraktive europäische Metropolen konzipiert wurden.

Wichtiger als die oftmals selbstgerechte Freude über jeden um Rechtfertigung ringenden Aufsichtsrat vor irgendeiner Kamera sind daher klare Verhaltensregeln für die Zukunft, die das Vertrauen in die lokalen Entscheidungsgremien nicht weiter erschüttern. In diesen Prozess können sich dann auch gleich die Journalisten selbst einklinken. Den Vorwurf der Vorteilsnahme müssen sie sich zwar nicht gefallen lassen, weil sie keine Amtsträger sind. Aber in der Vergangenheit gab es schon manche flotte Reportage über eine Aufsichtsratsreise in die Ferne zu lesen, der auch die Freude des Schreibers über seine kurze Flucht aus dem Redaktionsalltag anzumerken war.