Die Berichte der Stuttgarter Nachrichten, 04.11.2008

von Jürgen BOCK

Rettungsdienst-Gutachten erst 2009

Anders als angekündigt wird das Gutachten zur Struktur des Stuttgarter Rettungsdienstes in diesem Jahr nicht mehr vorliegen. Die Analyse könnte sich bis zum nächsten Sommer hinziehen. Bis dahin sollen die Einsatzzeiten mit organisatorischen Mitteln verkürzt werden. Das Forum Notfallrettung misstraut den neuesten Zahlen aber. 

Die Stuttgarter Notfallrettung krankt. Seit im Frühjahr bekanntgeworden ist, dass sowohl Rettungswagen als auch Notärzte die gesetzliche Hilfsfrist nicht einhalten, ist bereits mehrfach nachgebessert worden. Ein zusätzlicher Notarzt und weitere Rettungswagen sollten Abhilfe schaffen. Nach jüngsten Zahlen waren diese Maßnahmen aber nur bedingt erfolgreich: Während die Rettungswagen mittlerweile wieder im grünen Bereich fahren, haben die Notärzte weiter Verspätung.

Grund genug, mit Spannung auf das Anfang April angekündigte Gutachten zu schauen, das die Strukturen des Stuttgarter Rettungsdienstes insgesamt untersuchen soll. Sowohl die Zahl der Fahrzeuge und Rettungswachen als auch deren Verteilung über das Stadtgebiet sollen darin unter die Lupe genommen werden. Erste Ergebnisse sollten bereits im Herbst vorliegen. Doch die lassen auf sich warten.

"Das Gutachten muss so schnell wie möglich kommen", sagt Frieder Frischling, Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Stuttgart. Doch bis jetzt sei noch kein Auftrag an einen Gutachter vergeben worden. Die Vorarbeiten seien aufwendig, ein Arbeitskreis im zuständigen Bereichsausschuss aus Krankenkassen und Rettungsdiensten sei zunächst dabei, die Grundfragen zu formulieren. Ein Auftrag solle in diesem Jahr noch erfolgen, Ergebnisse könnten bis Ende Juni 2009 vorliegen. "Wir hoffen aber, dass die Fakten schon vorher auf dem Tisch liegen", sagt Frischling, "schließlich sind alle Beteiligten interessiert daran, im Rettungsdienst optimal aufgestellt zu sein."

Daran allerdings hegt das Forum Notfallrettung Stuttgart, das die Zustände schon länger kritisiert, Zweifel. "Wir haben gehört, dass die Krankenkassen kein großes Interesse an dem Gutachten haben, weil sie befürchten, dabei kämen große strukturelle Probleme und entsprechende Folgekosten heraus", sagt ein Sprecher. Das weist Frischling zurück: "Es ist der Wunsch aller Beteiligten, die Lage grundsätzlich zu klären. Wir haben nicht den Eindruck, die Kassenvertreter wollten dies nicht."

Ordnungsbürgermeister Martin Schairer als Rechtsaufsicht räumt die notwendige Zeit ein: "Es ist eine gute Sache, dass man sich intensiv um das Thema kümmert", sagt er, "wir haben mit der Strukturanalyse aber die große Lösung gewählt. Die ist so schnell nicht fertig." Dieses Vorgehen sei zwar vernünftig, helfe aber kurzfristig nicht weiter. "Deshalb machen wir Zwischenschritte."

Damit meint Schairer seine jüngste Mahnung, bei den nach wie vor zu langsamen Notärzten schnell für Verbesserungen zu sorgen, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Das soll laut DRK vor allem auf organisatorischem Wege geschehen. Unter anderem wolle man die Standorte der Notärzte besser mit den Dienstplänen der Krankenhäuser abstimmen, damit sie über das Stadtgebiet verteilt und nicht auf engem Raum geballt sind. So will man künftig unnötige Zeitverluste durch weite Wege zu den Einsatzorten vermeiden.

Allerdings zweifelt das Forum Notfallrettung die neuen Zahlen an. Die Rettungswagen, so der Sprecher, erfüllten die Vorgaben inzwischen nur, weil man vorübergehend auch Mehrzweckfahrzeuge umgewidmet habe, die nun beim Krankentransport fehlten. Das streitet das DRK allerdings ab. "Wir stellen keine zusätzlichen Fahrzeuge ab, um optisch zu schönen", betont Frischling.

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