Die Berichte der Stuttgarter Nachrichten, 05.04.2008

von Jürgen BOCK

Rettungswesen kommt auf den Prüfstand

Die krankende Notfallrettung in Stuttgart soll weiter verbessert werden: Nach einem zusätzlichen Notarzt haben die Krankenkassen nun auch eineinhalb zusätzliche Rettungswagen genehmigt. Zudem soll ein Gutachten den gesamten Rettungsdienstbereich Stuttgart unter die Lupe nehmen. 

Eine Überprüfung vor drei Wochen hatte ergeben, dass nicht nur die Notärzte in Stuttgart zu oft später kommen, als sie dürften, sondern auch die Rettungswagen. Laut Gesetz müssen sie in 95 Prozent aller Fälle binnen 15 Minuten am Einsatzort sein. Diese Vorgabe ist im vergangenen Jahr verfehlt worden. 182 Einsatzfahrten lagen außerhalb dieser Frist.

Deshalb hat der zuständige Bereichsausschuss aus Rettungsdiensten und Krankenkassen am Freitag weiter nachgebessert. Neben dem zusätzlichen Notarzt, der bereits im März genehmigt worden ist, sollen vom 14. April an auch zusätzliche Rettungswagen unterwegs sein. "Einer davon wird im Stuttgarter Norden stationiert und vom Arbeiter-Samariter-Bund sowie der Johanniter-Unfallhilfe gemeinsam betrieben", sagt Frieder Frischling, Geschäftsführer des Stuttgarter Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Zudem wird das Angebot auf den Fildern aufgerüstet: Dort sind bis jetzt zwei Rettungswagen stationiert, von denen einer aber nur tagsüber im Einsatz ist. Er wird künftig unter der Regie des Malteser-Hilfsdienstes rund um die Uhr unterwegs sein. Insgesamt erhält die Stadt damit eineinhalb zusätzliche Rettungswagen.

"Wir haben bei den Überlegungen auch die Standortsituation einbezogen", sagt Frischling, "die zusätzlichen Fahrzeuge werden dort stationiert, wo sie am nötigsten sind." Allerdings sind sie zunächst nur befristet bis Ende Juni unterwegs. Danach will man überprüfen, ob sie die gewünschten Verbesserungen gebracht haben. In diesem Fall sollen sie dauerhaft zum Einsatz kommen. Die Befristung stört Frischling erst einmal nicht: "Man muss anerkennen, dass die Kostenträger sich deutlich bewegt haben", sagt er. Der Versuch kostet die Krankenkassen rund 100 000 Euro.

Dabei wollen es die Beteiligten aber nicht belassen. Schnellstmöglich wollen sie ein Gutachten in Auftrag geben, das den ganzen Rettungsdienstbereich Stuttgart bewerten soll. "Ziel ist eine Gesamtbetrachtung", sagt Frischling. Auf den Prüfstand kommt die komplette Organisation der Notfallrettung in der Stadt. Dazu gehören Standorte und Zahl der Rettungswachen, die Verteilung der Fahrzeuge, die Ausstattung sowie das Einsatzaufkommen. Mit der Analyse soll ein renommiertes Institut beauftragt werden. Auf Ergebnisse hofft man bereits im Herbst.

"Das ist ein gutes Ergebnis", freut sich Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. Wichtig sei zum einen, dass man die Hilfsfristen so schnell wie möglich einhalten könne. Das zusätzliche Gutachten könne langfristige Verbesserungsmöglichkeiten analysieren. "Alles, was im Sinne der Patienten ist, ist zu begrüßen", so Schairer. Auch Frischling ist mit den Maßnahmen zufrieden: "Wir haben einen guten Weg gefunden, die Lage unmittelbar zu verbessern. Zudem bekommen wir eine Neubewertung der Gesamtsituation auf längere Sicht."

zurück zur Übersicht der Berichte "Die Berichte der Stuttgarter Nachrichten"